Kolumne "Zur Sache"

Verkehr und Aerosol

Prof. Dr. Robert Sausen, Leiter der Abteilung Erdsystem-Modellierung am DLR-Institut für Physik der Atmosphäre

Der Verkehr ist der klimarelevante Bereich menschlicher Aktivität mit den größten Wachstumsraten. Einerseits erfüllt er zunehmend das menschliche Bedürfnis nach Mobilität, andererseits belastet er unsere Umwelt durch Lärm, Minderung der Luftqualität und einen Beitrag zur anthropogenen Klimaänderung. Hinsichtlich Luftqualität und Klima kommt den Emissionen von Aerosolen und Aerosolvorläufern eine besondere Bedeutung zu. Ruß und andere Partikel beeinträchtigen unsere Gesundheit und führen zu Schäden an Natur und Gebäuden. Darüber hinaus sind viele Aerosole strahlungsaktiv, sowohl im kurzwelligen solaren als auch langwelligen infraroten Bereich. Je nach Aerosoltyp führt das zu einer Erwärmung oder Abkühlung des Klimas. Wichtiger sind jedoch die indirekten Klimaeffekte der Aerosole, die effiziente Wolkenkondensations- oder Eiskerne sein können. In der Regel führt dieser Effekt bei niedrigen (warmen) Wolken zu einer Abkühlung, während bei kalten (hohen) Wolken (Zirren) das Vorzeichen noch nicht eindeutig bekannt ist.

Wissenschaftler des DLR haben den Beitrag des Aerosols aus verschiedenen Verkehrsmoden hinsichtlich der Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Atmosphäre und das Klima mittels numerischer Simulationen mit einem umfassenden globalen Klima-Chemie-Aerosol-Modell untersucht.

Beim Landverkehr, d.h. im Wesentlichen dem Straßenverkehr, steht unter anderem der Ruß im Mittelpunkt und das trotz aller technischen Maßnahmen zur Reduktion der Emissionen. Der Landverkehr führt zu besonders hohen Beiträgen der bodennahen Rußkonzentration in Europa, dem östlichen Nordamerika, dem indischen Subkontinent und in China. Aber auch im Mittleren Osten und an der Ostküste Südamerikas findet man hohe Werte. Während im Jahr 2000 in Europa und Nordamerika der relative Beitrag des Landverkehrs zur Gesamtbelastung durch Ruß bei 40 - 60 % lag, wurde in China bei nahezu geleichen absoluten Werten nur ein relativer Beitrag von unter 10 % erreicht. Hier sind andere Rußquellen (Energieproduktion, Hausbrand etc.) dominierend.

Eine besondere Rolle spielen beim Schiffsverkehr die Emissionen der Oxidationsprodukte des Schwefels, die insbesondere zu einer Erhöhung der Konzentration von Sulfat-Aerosol führen. Diese Emissionen sind eine Folge des hohen Schwefelanteils im Schweröl mit einem Schwefelanteil, der 1000-mal höher als im (europäischen) Diesel für den Straßenverkehr ist. Die höchsten absoluten Beiträge des Sulfats aus Schiffen findet man über dem Nordatlantik, dem Nordpazifik, dem nördlichen indischen Ozean, dem Mittelmeer, dem Roten Meer und längs der Schifffahrtsrouten um Afrika. Aber auch die angrenzenden Landregionen sind hier betroffen, insbesondere Europa, die Länder rund um das Mittelmeer und die arabische Halbinsel. Die höchsten relativen Anteile wurden im Jahr 2000 im Nordpazifik (über 60%) und im Nordatlantik (mehr als 40 %) erreicht, also in Regionen mit wenig konkurrierenden Quellen. An der chinesischen Küste lagen die relativen Beiträge unter 10 %, bedingt durch die Verbrennung von Kohle mit hohem Schwefelgehalt an Land.

In der Summe wirken alle Aerosoleffekte des Verkehrs kühlend. Der dominante Anteil zum Strahlungsantrieb entsteht durch indirekte Effekte (durch Veränderung der niedrigen Wolken); der zugehörige Strahlungsantrieb liegt dem Betrag nach zwischen 10 und 20 % des gesamten anthropogenen Strahlungsantriebs aufgrund allen anthropogenen CO2. Die Aerosoleffekte des Verkehrs stellen also ein nicht geplantes Climate Engineering dar. Wegen der Gesundheitsbelastung der Partikel strebt man eine Reduzierung der Aerosolemissionen des Verkehrs an, insbesondere eine Reduzierung des Schwefelgehaltes im Schiffstreibstoff sowie eine weitere Reduktion der Partikelemissionen im Straßenverkehr. Das hat als Nebenwirkung eine Beschleunigung der Klimaerwärmung zur Folge.

Prof. Dr. Robert Sausen
(16.12.2014)

Herr Prof. Dr. Sausen ist Leiter der Abteilung Erdsystem-Modellierung am DLR-Institut für Physik der Atmosphäre in Oberpfaffenhofen.

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