Kolumne "Zur Sache"

Klimawandel und Bauwesen

Prof. Dr. Christoph Kottmeier, Leiter des Instituts für Meteorologie und Klimaforschung (Troposphäre), Karlsruher Institut für Technologie

Ob Tunnel, Brücken oder Gebäude – all diesen Bauwerken ist gemein, dass sie dem Klima ausgesetzt sind. Deshalb ist es seit jeher ein wichtiges Ziel der Bauforschung, Bauwerke vor Schäden durch Klimaeinwirkungen zu bewahren. Aber an welches Klima sollen die Bauwerke angepasst werden? Weil Gebäude in der Regel für eine Nutzungsdauer von 100 Jahren und mehr konzipiert sind, ist die Frage, wie sich das Klima bis zum Ende dieses Jahrhunderts ändern wird, besonders relevant. Nachhaltiges Bauen muss zum einen Klimaveränderungen  wie Temperaturanstieg oder Änderung der Niederschlagsverhältnisse berücksichtigen - das betrifft zum Beispiel den baulichen Wärmeschutz oder die Raumklimatisierung. Zum anderen müssen auch die Risiken durch Extremereignisse wie Sturm, Hagel, Hochwasser oder Hitze in die Planung einbezogen werden.

Gleichzeitig ist das Bauwesen in Deutschland mit einem Anteil von 9 Prozent am Bruttoinlandsprodukt ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor, und dazu noch ein besonders Ressourcen-intensiver. So werden 40 Prozent der Ressourcen in Deutschland in der Bauwirtschaft eingesetzt. Und auch die CO2-Emissionen sind ein Problem: Allein die Zementindustrie steht für 5 Prozent des CO2-Ausstoßes in Deutschland. Klimaschutz-Vorgaben wie die Einführung klimaneutraler Gebäude in Deutschland ab 2020 zielen darauf ab, die Klimaauswirkungen des Bauwesens durch CO2-Reduktion zu mindern.

Das Bauwesen steht also vor einer zweifachen Herausforderung: Zum einen müssen zukünftige Klimaänderungen heute schon berücksichtigt werden, um Qualität und Dauerhaftigkeit zu sichern, und zum zweiten müssen Gebäude durch CO2-Reduktion ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Dazu sind Innovationen gefragt. Denn nur wenn die Bauwirtschaft  eine technologische Vorreiterrolle einnehmen kann, wird sie wirtschaftliche Nachteile (Verteuerung, Abwanderung ins Ausland) vermeiden können.

Das wirft neue Fragen auf: Können CO2-Emissionen der Bauwirtschaft zu vertretbaren Kosten hinreichend gesenkt werden? Wie können sich Städte und Gebäude durch planerische Maßnahmen an Klimaveränderungen anpassen? Können neue Werkstoffe ein Bauwerk vor zukünftigen Klimaschäden schützen?

Deshalb sind die Wechselbeziehungen zwischen Klima und Bauwesen seit einigen Jahren Gegenstand von Forschungsprojekten, z.B. „NaBau9: raum / klima / putz“ (Link) und KLIMA-MORO (Link). Am Beispiel der Schadenswirkung von Klimaeinflüssen auf Beton konnte am  Karlsruher Institut für Technologie gezeigt werden, dass eine Koppelung von Klimadaten mit Baustoffdegradationsmodellen zukunftsweisend ist. Um die aus dem Klimawandel zu erwartenden Folgen für ein Bauwerk zu berücksichtigen benötigt man hochaufgelöste Klimamodelle, die man mit weiteren Daten füttern und so zu einer bauwerksrelevanten, regionsspezifischen Klimavorhersage verdichten kann.

Inzwischen widmen sich auch Fachkonferenzen dieser Problematik, z.B. „Climate and Constructions“ (Link) und „Resilienz von Gebäuden und Siedlungen im Klimawandel“ (PDF). Dabei zeigt sich, dass die in Deutschland konstituierten Klimadienste, wie das Climate Service Center, der Deutsche Wetterdienst oder die Helmholtz Klimabüros, in einen engen Dialog mit einer so großen fachlichen Disziplin wie dem Bauwesen treten müssen, um für die komplexen Herausforderungen neue Lösungen zu entwickeln.

Prof. Dr. Ch. Kottmeier
(16.07.2015)

Prof. Dr. Christoph Kottmeier ist Leiter des Instituts für Meteorologie und Klimaforschung (Troposphäre) am Karlsruher Institut für Technologie.

Bildnachweis: © IMK

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