DKK-Jahrestagung 2018

Die Rolle der Klimawissenschaft in Gesellschaft, Politik und Öffentlichkeit

Einmal im Jahr sind die Mitglieder des DKK eingeladen, sich jenseits der eigenen Fachdisziplinen zu übergreifenden Fragen des menschengemachten Klimawandels auszutauschen. In diesem Jahr ging es um die Reflexion der eigenen Rolle angesichts der Tatsache, dass trotz intensiver Forschung und stetigem Erkenntnisgewinn die Emissionen weiter steigen.

Mitten in die Bonner Weltklimakonferenz platzte die Nachricht, dass die weltweiten Emissionen nach drei Jahren der Stagnation 2017 wieder steigen. Vorbei die Illusion einer Trendwende, die dringend nötig ist, um das Pariser Klimaziel zu erreichen. Welche Verantwortung kommt hierbei der Wissenschaft zu? Was braucht die Politik, um entschiedener zu handeln? Und welchen Einfluss haben eigentlich die Medien? Rund 80 Gäste aus dem Verband und interessierte Nicht-Mitglieder suchten am 19. April in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften in Berlin-Mitte nach Antworten. Die Dringlichkeit zum Handeln stand unter den Anwesenden nicht zur Debatte. Deshalb analysierten die Vorträge, warum es uns als Gesellschaft so schwer fällt, unser Handeln zu ändern. Besonderes Interesse lag dabei auf der Rolle der Klimaforschung, der wissenschaftsbasierten Politikberatung und der Klimakommunikation – drei Themen, die das DKK täglich beschäftigen und ständig im Wandel sind.

Möglichkeiten und Grenzen von Fakten

DKK-Vorstandsmitglied Professor Gernot Klepper leitete den ersten Teil der Tagung mit Blick auf die Entwicklung der Klimaforschung selbst ein: Seit dem Übereinkommen von Paris rücken die Fragen der Umsetzung und des gesellschaftlichen Handelns immer mehr ins Zentrum der Debatten. Carl Friedrich Gethmann, Professor für Philosophie und Mitglied im Deutschen Ethikrat, unterzog in seiner Keynote dem wissenschaftlichen Anspruch an die Unumstößlichkeit von Fakten einer kritischen Überprüfung. Er stellte heraus, dass Fakten nicht etwa Beweise oder „Wahrheiten“ darstellten, sondern auf wissenschaftlichen Aussagen beruhen, die sich in der Forschung als belastbar und (bisher) nicht widerlegt herausgestellt haben. Dies gilt in gleicher Weise für naturwissenschaftliche Aussagen über das Klimasystem als auch für sozialwissenschaftliche Aussagen, beispielsweise über Optionen für eine Dekarbonisierung in einer gegebenen Volkswirtschaft. Damit sind wissenschaftlich hinreichend belegte Fakten nicht entwertet oder der Beliebigkeit von Meinungen gar gleichgestellt – allerdings ist ihre Omnipotenz doch eingeschränkt. Die Erkenntnisse der Wissenschaftsphilosophie korrespondieren mit den Forschungsergebnissen der Sozialpsychologie: Faktenwissen allein führt nicht automatisch zum Handeln, auch nicht, wenn das Faktenwissen immer weiter steigt.

„Was die Wissenschaftlerin in der Tiefe leistet, bringt der Politiker in der Breite“

Prof. Hermann Ott © DKK, N.-D. Gaertner
Dr. Paul Becker und Peter Stein, MdB © DKK, N.-D. Gaertner
Frank Schwabe, MdB und Prof. Hermann Ott © DKK, N.-D. Gaertner

Wie wissenschaftliche Politikberatung am besten gelingen kann, wird innerhalb der Forschung aber auch Politik viel diskutiert. Karl-Eugen Huthmacher, Abteilungsleiter im Bundesforschungsministerium, stellte in seiner Rede auf der DKK-Jahrestagung im vergangenen Jahr fest: „Der Einfluss der Wissenschaft, relevante Beiträge zur Lösung dieser gesellschaftlichen Fragen zu liefern, scheint eher zu schwinden, als dass er wächst. Zumindest scheint er mir aber den Bedarfen entsprechend viel zu gering.“ Deshalb hatte das DKK mit Frank Schwabe und Peter Stein zwei Mitglieder des Bundestages zum Austausch eingeladen, um genau an dieser Stelle direkt in den Dialog zu treten. Vor der Diskussionsrunde mit den Politikern machte Professor Hermann Ott vom Wuppertal Institut in seinem Input zum Verhältnis von Wissenschaft und Politik darauf aufmerksam, wie wichtig es sei, den Unterschied der beiden Systeme mitzudenken und diese auch zu berücksichtigen: „Was die Wissenschaftlerin in der Tiefe leistet, bringt der Politiker in der Breite!“ Die Bereitschaft zum Dialog bei gleichzeitiger Zeitnot aller Gruppen wurde in dieser Session vielen bewusst.

Journalismus in der Krise

Klaus Liedtke © DKK, N.-D. Gaertner
Dagmar Dehmer, Klaus Liedtke, Prof. Irene Neverla und Prof. Mojib Latif © DKK, N.-D. Gaertner
Prof. Irene Neverla © DKK, N.-D. Gaertner

Der Journalist Klaus Liedtke, der schon Chefredakteur bei Stern und National Geographic Deutschland war, sowie die langjährige Fachjournalistin für Klima und Energie Dagmar Dehmer – die inzwischen Leiterin Unternehmenskommunikation der Bundesgesellschaft für Endlagerung ist – gaben im dritten Block einen Einblick in den sich drastisch verändernden journalistischen Arbeitsalltag. Liedtke schlug im Umgang mit der ökonomischen Krise des Journalismus, aber auch der Sinnkrise durch die digitale Revolution, eine Rückbesinnung auf traditionelle journalistische Werte vor. Dehmer sensibilisierte dafür, dass beim Schreiben über Klima genau dies manchmal nicht funktionierte – sie habe die Gegenmeinung der Klimaleugner irgendwann nicht mehr zitiert und sei auch an Grenzen gestoßen, da sich die Dimension der Probleme durch den Klimawandel nicht hinreichend abbilden lasse. Professorin Irene Nerverla drehte den Blick um und ergänzte mit ihren neuesten Befunden aus der Rezeptionsforschung, was bei den Leserinnen und Lesern tatsächlich ankommt. Eines ihrer Ergebnisse: Filme wie „An Inconvenient Truth“ oder „The Day After Tomorrow“ spielen als Schlüsselelement und Wissensbasis eine wichtige Rolle.

Beispiele des Wandels untersuchen

In den Gesprächen, Vorträgen und Diskussionen verdichtete sich das Bewusstsein dafür, dass das grundlegende Wissen über die Tatsache des Klimawandels im politisch-öffentlichen Raum angekommen ist, es allerdings an Narrativen und Strategien zum Handeln fehlt. Deshalb soll in der nächsten DKK-Jahrestagung der Schwerpunkt auf die nötige Transformation und Erfolgsfaktoren gelegt werden.

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