Kurzarbeit, blauer Himmel ohne Kondensstreifen, Videokonferenzen, Fahrrad-Boom – die Corona-Pandemie hat unsere Routinen radikal durchbrochen, die Politik umfassende Maßnahmen ergriffen, die Wirtschaft und auch jede und jeder Einzelne kämpft mit den Folgen. Was bedeuten diese Veränderungen für den Klimawandel und die Klimapolitik? Forscherinnen und Forscher unseres Wissenschaftsverbands berichten in den Videos jeweils rund drei Minuten von ihren Beobachtungen und Einschätzungen.
Professor Mojib Latif, Klimaforscher und DKK-Vorstandsvorsitzender, spricht in seinem Beitrag darüber, was wir aus der Corona-Krise für die Bewältigung der Klima-Krise lernen können: „Die Klima-Krise können nur alle Länder gemeinsam lösen. Gerade Politiker, die den Klimawandel leugnen – wie Trump in Amerika oder Bolsonaro in Brasilien – haben mit extrem hohen Infektionszahlen und unglaublich vielen Todesfällen zu tun.“ Die Corona-Krise zeigt: Wissenschaft kann neues Wissen relativ schnell liefern und dieses Wissen dann Schritt für Schritt sicherer machen. Entscheidend ist, ob Politik und Gesellschaft es zu ihrer Orientierung nutzen wollen.
Doch es gibt noch weit mehr zu lernen, denn die Corona-Krise ist für die Atmosphäre und unsere Gesellschaft ein großes Experiment und der Lockdown ein Werkzeug, um neue Erkenntnisse zu gewinnen: Atmosphärenforscherinnen und -forscher messen, ob und warum die Luft etwa im Rheinland oder in China besser wurde. Sie erklären, wie stark die CO2-Emissionen gesunken sind und warum der CO2-Gehalt der Atmosphäre trotzdem weiter ansteigt. Sozial- und Geisteswissenschaftlerinnen nutzen die Pandemie, um die Verkehrswende in Realexperimenten zu untersuchen, unsere Gesellschaft in einer Krisensituation zu beobachten und Wissenschaftskommunikation zu verbessern. Politik- und Ökonomie-Expertinnen und -Experten betonen, wie wichtig es ist, die Wirtschaftshilfen mit Klimaschutz zusammenzudenken und den European Green Deal ambitioniert voranzutreiben. Eines ist klar: Das kurze Zeitfenster, um die Klima-Krise beherrschbar zu halten, sollte genutzt werden.
Expertinnen und Experten renommierter Klimaforschungseinrichtungen reden Klartext und geben einen Blick hinter die Kulissen ihrer aktuellen Arbeit zur Corona- und Klima-Krise. Sie alle sind Mitglied des Deutschen Klima-Konsortiums. Mehr Informationen zu den jeweiligen Themen der Beiträge, den Expertinnen und Experten und ihren Forschungsprojekten finden Sie in der folgenden Übersicht. Um zum Video zu kommen, bitte auf das Bild klicken.
Klimaforscher Prof. Dr. Mojib Latif betont, wie wichtig internationale Kooperation in der Klimapolitik ist und warum Populistinnen und Populisten die Fakten weder in der Klima-Krise noch in der Corona-Krise weiter ignorieren können.
Fahrrad fahren boomt, Pop-up-Radwege werden kurzfristig eingerichtet. Corona hat den Verkehr und die Infrastruktur großer Städte verändert. Das zeigt, dass das Klima-Sorgenkind Verkehrssektor noch Hoffnung hat. Prof. Dr. Sophia Becker untersucht diese Entwicklung.
Hat der Lockdown im Frühjahr die CO2-Emissionen verringert? Warum nimmt die CO2-Konzentration in der Atmosphäre trotzdem weiter zu? Was hat das mit einer Badewanne zu tun? Dr. Andrea Kaiser-Weiss erklärt im TV-Studio des Deutschen Wetterdiensts, was die Messungen sagen.
Prof. Dr. Daniela Jacob analysiert, was uns die Corona-Krise für die Klima-Krise zeigt: Wir können uns schnell ändern, jede und jeder Einzelne kann einen wichtigen Beitrag leisten, aber es braucht auch politische Rahmenbedingungen und Dialogprozesse.
Egal ob Corona-Pandemie oder extreme Trockenheit – Widerstandsfähigkeit ist entscheidend, damit Menschen und Erde gesund bleiben. Prof. Dr. Markus Reichstein ist Experte für Extremereignisse und fordert Klima-Pläne analog zu Pandemie-Plänen, um vorbereitet zu sein.
In der Corona-Krise werden 12 bis 20 Billionen US-Dollar ausgegeben, um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie zu bekämpfen. Diese Mittel sollten in Richtung Nachhaltigkeit & Klimaschutz investiert werden – nicht in veraltete Strukturen, fordert Prof. Dr. Dirk Messner.
Dr. Hendrik Andersen ist mit seiner Forschung nah dran an dem, was unsere Gesellschaft bewegt: Corona-Lockdown, Luftqualität, Klimawandel und künstliche Intelligenz. Er arbeitet daran, mit maschinellem Lernen zu quantifizieren, wie sich die Luftqualität in China verändert hat.
Prof. Dr. Reimund Schwarze ist Klimaökonom und schon seit vielen Jahren Beobachter der internationalen Klimapolitik. Er erklärt, warum er den European Green Deal für unseren Rettungsanker hält – auch wenn die Weltklimakonferenz in diesem Jahr ausfällt.
Prof. Dr. Katharina Kleinen-von Königslöw erforscht Kommunikation zum Klimawandel. Seit Beginn der Pandemie beobachtet sie aber auch, wie wir uns über Corona informieren. Ihre Einschätzung: Wir sind bereit für grundlegende Veränderungen, wenn diese nachvollziehbar erklärt werden.
Der Corona-Lockdown im Frühjahr hat gezeigt: Die Emissionen sinken, wenn wir unser Verhalten ändern. Brauchen wir also auch einen Klima-Lockdown? Der Experte für Philosophie und Ethik der Umwelt Prof. Dr. Konrad Ott widerspricht.
Prof. Dr. Antje Boetius erforscht die Rolle des Ozeans im Kohlenstoffkreislauf und ist erfahrene Beraterin der Klimapolitik. Sie folgert aus den Erfahrungen in der Corona-Krise: Klimaforscherinnen und Klimaforscher müssen klar und deutlich die Risiken ansprechen – auch in der Klimakrise geht es um Leben und Tod.
Prof. Dr. Astrid-Kiendler Scharr misst mit einem Zeppelin, wie sich die Luftqualität im Rheinland durch das gesunkene Verkehrsaufkommen geändert hat. Sie erklärt auch, warum es Strategie und Strukturwandel braucht, damit CO2-Emissionen sinken.
Für Klimaforscher wie Prof. Dr. Guy Brasseur ist die Zeit des Lockdowns interessant, weil sie einen Blick in eine Zukunft mit weniger Emissionen erlaubt. Er hat die Luftwerte in China untersucht, um zu sehen, wie sich unsere Atmosphäre verändert.
Die Corona-Pandemie hat unsere Routinen radikal durchbrochen, die Politik mutige Maßnahmen ergriffen. Genauso viel Mut brauchen wir beim Kampf gegen den Klimawandel, meint Dr. Pia-Johanna Schweizer, die beide Krisen mit einem systemischen Rundumblick analysiert.
Die durch die Corona-Pandemie zu trauriger Berühmtheit gelangten Aerosole sind eins der Fachgebiete von Prof. Dr. Hartmut Herrmann. Er plädiert dafür, trotz Corona-Pandemie nicht den Elan für Luftreinhaltung und Energiewende zu verlieren.
Die ganze Welt im Lockdown, wer hatte das alles im Blick? Satelliten! Kezia Lange hat deren Messdaten ausgewertet und verrät, wo die Emissionen von Stickoxid im Frühjahr besonders stark gesunken sind.
Bei der Krisenbewältigung spielt ein umfassendes Lagebild immer die entscheidende Rolle – egal ob Corona-Pandemie oder Anstieg der Meeresspiegel aufgrund des Klimawandels. Prof. Dr. Paul Becker berichtet von seinen Erfahrungen im Krisenmodus.
Klarer blauer Himmel ohne Kondensstreifen und leere Straßen – der Lockdown war eine Gelegenheit, die Atmosphäre unter geänderten Bedingungen zu untersuchen. Dr. Mira Pöhlker berichtet, wie viel weniger Ruß mit Forschungsflugzeugen gemessen wurde.
12. Oktober 2020
Bildnachweis: DKK