Im Juli 2021 führten starke, großflächige, und langanhaltende Niederschläge in den deutschen Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Bayern und Sachsen zu Zerstörungen an Infrastrukturen und Gebäuden sowie Verletzten, Vermissten und Toten in bisher unvorstellbarem Ausmaß. Das Ereignis verdeutlichte erneut, dass mit fortschreitendem Klimawandel derartige wetterbedingte Extremereignisse weiter zunehmen und Wirtschaft und Gesellschaft vor große politikrelevante Herausforderungen stellen werden.
Die Hochwasser-Ereignisse der letzten drei Dekaden wie 1993 und 1995 (Rhein), 1997 (Oder), 2002 und 2013 (Donau, Elbe), 2006 (Elbe) sowie Starkregen-Ereignisse wie in 2016 (Simbach, Braunsbach) haben bereits zum Aufbau einer gut strukturierten Forschungslandschaft, zur Akkumulation von wissenschaftlichen und praktischen Erkenntnissen sowie zu (teilweise regional begrenzten) operativen Anpassungsmaßnahmen geführt. Allerdings bestehen trotz dieser Entwicklungen weiterhin Defizite, sei es bzgl. Prävention, Risikoperzeption, Alarmierung, Kommunikation, Lagebild, Zuständigkeiten oder auch der Entscheidungsprozesse und -kompetenzen.
Dieser Initiative geht es um die Identifizierung grundlegender Veränderungen, die angesichts wachsender Starkregen-Risiken für alle Kommunen, insbesondere in den kleineren und mittleren Flusseinzugsgebieten der Mittelgebirge, entscheidend sind.
Unsere Leitfragen sind:
Ermutigend ist, dass der Koalitionsvertrag 2021-25 der Bundesregierung sich hinsichtlich der Klimaanpassung konkret positioniert und das Ziel eines Klimaanpassungsgesetzes des Bundes benennt sowie zentrale Empfehlungen zur Ermöglichung der Finanzierung und messbare Ziele ins Spiel bringt.
Die Starkregeninitiative will einen Prozess anstoßen und begleiten, der der Politik Orientierung bietet sowie Expertinnen und Experten für Klima(anpassungs)-Fragen zu einem kompetenten Gesprächspartner der Politik macht.
Mit dem erweiterten Teilnehmerkreis von aktuell rund 40 Personen aus Forschung und Praxis wurde im Januar 2022 die Konzeption einer Online-Befragung zur Priorisierung von Maßnahmen und Instrumenten zur Reduzierung von Überflutungsschäden diskutiert.
Ziel ist es, den vielfältigen Handlungsbedarf, der durch die Starkregen-Katastrophe vom Juli 2021 (erneut) deutlich wurde, zu priorisieren, sodass Politik, Entscheidungsträger, Wissenschaft und Praxis eine gemeinsame Vorstellung über die anstehenden Aufgaben, Ziele und Lösungswege entwickeln können. Wir arbeiten in unserer Umfrage mit einer wissenschaftsbasierten Methodik, der Delphi-Befragung. Hierbei handelt es sich um ein systematisches, zweistufiges Verfahren, bei dem unterschiedlichste Expertinnen und Experten um ihre Einschätzung und deren Gewichtung in komplexen Problemkonstellationen gebeten werden. Die Ergebnisse werden im Anschluss Politik und Öffentlichkeit präsentiert.
Expertinnen und Experten für den Umgang mit Starkregen und Sturmfluten aus Politik, Wissenschaft und Praxis sind aufgerufen mit ihrem Wissen zur Starkregen-Initiative beizutragen und an der Delphi-Befragung teilzunehmen. Im April endete die erste Fragerunde. Die zweite Fragerunde startet voraussichtlich Anfang September.
Januar 2023