Kolumne "Zur Sache"

Ökosystembasierte Klimapolitik – den Beitrag der Natur für den Klimaschutz nicht vergessen!

Prof. Dr. Bernd Hansjürgens, Martin Luther-Universität Halle-Wittenberg und Leiter des Departments Ökonomie am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ

André Künzelmann /  Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)

Wenn in Deutschland von Klimaschutz die Rede ist, stehen die Emissionen aus Kraftwerken, Industrie, Verkehr und privaten Haushalten im Vordergrund. Das ist auch völlig richtig so, denn der Großteil der klimarelevanten Treibhausgasemissionen geht mit der Verbrennung fossiler Energieträger einher.

Doch wir sollten auch beachten, dass auch die Natur Beiträge zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung leisten kann – auch in Deutschland. Es lohnt sich daher, die Natur stärker in die Überlegungen zur Klimapolitik einzubeziehen. Drei Gründe sind hierfür ausschlaggebend:

  • Erstens weist die Landwirtschaft erhebliche Emissionen auf – rund 11 % der deutschen Treibhausgasemissionen haben mit landwirtschaftlicher Produktion und Nutzung zu tun, wenn man die Agrarflächen auf ehemaligen Moorstandorten mit einbezieht.

  • Zweitens kann die Natur Klimaschutz sehr kostengünstig liefern. Die Vermeidungskosten einer Tonne CO2 (oder anderer Treibhausgase wie Methan oder Lachgas) sind bei der Nutzung der Klimaleistungen der Natur oft deutlich geringer als bei anderen Vermeidungsoptionen (vor allem Solarenergie).

  • Drittens können wir durch die Einbeziehung der Natur Synergien erzielen, indem wir gleichzeitig Ziele der Naturschutz- bzw. Biodiversitätspolitik und der Klimapolitik erreichen. Dies gilt es bei der nationalen Umsetzung der GAP sowie der Reform des EEG in den Blick zu nehmen.

Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Klima-Leistungen können sehr effektiv durch die Erhaltung von Grünland erreicht werden. Rund 15 Prozent der Grünlandflächen sind in Deutschland in den letzten 20 Jahren verlorengegangen – weil die Viehzucht auf intensive Stallhaltung übergeht, die Nachfrage nach Nahrungsmitteln und Energiepflanzen gestiegen ist und die Siedlungs- und Verkehrsflächen zugenommen haben. Auf 50 % der umgebrochenen Grünlandflächen fand in den vergangenen Jahren anschließend Maisanbau statt. Diese Entwicklung ist nicht nur aus Sicht des Umwelt- und Naturschutzes bedenklich, weil Einträge in das Wasser, Wind- und Erosionsgefahr und Verlust biologischer Vielfalt auftreten. Auch aus Klimasicht ist der Grünlandverlust problematisch, weil bei einer ackerbaulichen Nutzung eine höhere Freisetzung von CO2 erfolgt.

Ein Verbot des Grünlandumbruchs und eine Förderung der Grünlanderhaltung in der Agrarpolitik sind damit dringend geboten. Die Deckelung der Produktion von Energie-Biomasse durch die Novelle des EEG 2012 wie auch die GAP-Reform 2013 sind dazu Schritte in die richtige Richtung. Doch wir sollten noch weitergehen: Agrarsubventionen sollten nur gewährt werden, um nachhaltigere landwirtschaftliche Bewirtschaftungsformen zu etablieren. Direktzahlungen sollten daher nur bei einem Beitrag zum Wohl der Allgemeinheit geleistet werden, wie beispielsweise bei Verminderung des oder Anpassung an den Klimawandel, Schutz der Umwelt und der biologischen Vielfalt.

Die Grünlanderhaltung ist nur ein Beispiel, das zeigt, dass es Potenziale für eine ökosystembasierte Klimapolitik gibt. Ein effektiver Moorschutz sowie eine verstärkte Auenrenaturierung sind weitere zentrale klimapolitische Maßnahmen. Zur Bündelung von Maßnahmen und Setzung von Prioritäten wäre über einen speziellen Klimafonds nachzudenken, damit wir das tun, was wirklich nötig ist: Kostengünstig Klimaschutz und Klimaanpassung betreiben und verstärkt Synergien mit dem Natur- und Biodiversitätsschutz erzielen. 

Bernd Hansjürgens
(04.06.2014)

Dr. Bernd Hansjürgens ist Professor für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Umweltökonomik,  an der Martin Luther-Universität Halle-Wittenberg und leitet das Department Ökonomie am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ. Zugleich ist er Studienleiter des Vorhabens „Naturkapital Deutschland“, dem deutschen Nachfolger der internationalen TEEB-Studie „The Economics of Ecosystems and Biodiversity“.

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bernd.hansjuergens@ufz.de

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