Kolumne "Zur Sache"

Ökoeffiziente Flugrouten: Wie sich die Klimawirkung des Luftverkehrs verringern lässt

Prof. Dr. Volker Grewe, Institut für Physik der Atmosphäre, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR)

Unser Flug in den Urlaub, zum nächsten Geschäftstermin oder die Luftfracht aus fernen Ländern machen deutlich wie wichtig der Luftverkehr für uns und unsere Gesellschaft ist. Dem steht jedoch die Klimawirkung des Luftverkehrs gegenüber, die durch die Emissionen von Kohlendioxid (CO2), Stickoxiden (NOx), Wasserdampf, Partikeln und durch die Bildung von Kondensstreifen hervorgerufen wird. Wie lassen diese sich mindern?

Gerade die nicht-CO2-Effekte sind räumlich sehr variabel. Wie wir täglich am Himmel beobachten können, bildet sich nicht immer ein Kondensstreifen hinter einem Flugzeug. Die Menge an Ozon, die sich durch die Emission der Stickoxide bildet, ist ebenfalls von Tag zu Tag und an verschiedenen Orten der Welt sehr unterschiedlich. Wir nennen diese Gebiete, in denen sich besonders viele Kondensstreifen oder besonders viel Ozon bilden kann, klimasensitive Regionen. Oft sind es relativ dünne Schichten von vielleicht 100 m, die sich über etwa 100 bis 200 km horizontal erstrecken, wie im Falle der Kondensstreifen, oder sie umfassen die Größe eines Hochdruckgebiets, wie im Falle von Ozon. Auf alle Fälle sind sie sehr variabel, wie eben das Wettergeschehen ganz allgemein. Gerade diese Variabilität lässt sich aber auch ausnutzen, um die Klimawirkung des Luftverkehrs zu verringern, indem die klimasensitiven Regionen bei der Flugroutenplanung berücksichtigt und so vermieden werden.

Diese Vorgehensweise erscheint auf den ersten Blick sofort umsetzbar. Doch so einfach ist es leider nicht. Die Berechnungen zur Bestimmung der klimasensitiven Regionen, die wir für wenige ausgewählte Tage am Deutschen Klimarechenzentrum durchgeführt haben, sind extrem umfangreich und benötigen heute noch zu lange, als dass wir sie für einen routinemäßigen Einsatz verwenden können. Darüber hinaus sind noch viele wissenschaftliche und politische Fragen zu klären bevor wir diese Idee der ökoeffizienten Flugroutenplanung im operationellen Betrieb umsetzen können. Zum einen ist es notwendig, die Vorhersage dieser klimasensitiven Regionen nicht nur schnell, sondern auch mit einer hinreichend großen Genauigkeit machen zu können. Zum anderen erfordert ökoeffizientes Fliegen eben auch kleine Umwege. Einige Routen werden auf ein niedrigeres Flugniveau verlegt oder umfliegen horizontal klimasensitive Regionen. Im Mittel erhöhen sich dadurch der Treibstoffbedarf und die Betriebskosten um weniger als 1 %. Die Klimawirkung hingegen kann dabei sogar um etwa 25 % verringert werden. Also ein sehr günstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis. Dies legen zumindest unsere ersten Studien für die Analyse des transatlantischen Flugverkehrs nahe.  Die moderate Treibstofferhöhung ist aber ein wichtiger Kostenfaktor. Daher sind international abgestimmte finanzpolitische Maßnahmen notwendig, um eine ökoeffiziente Flugroutenplanung zu ermöglichen.

Diese Aufgaben zu meistern erfordert eine intensive Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus ganz unterschiedlichen Bereichen: Von der Atmosphären- und Klimaforschung zur Flugführung, Luftfahrtforschung und den Wirtschaftswissenschaften. Dies ist eine interdisziplinäre und spannende Arbeit. Für die Umsetzung dieser Idee kooperieren wir zurzeit mit Wetterdiensten, der kommerziellen Flugroutenplanung und Flugsicherung, wie z.B. Eurocontrol und der europäischen Initiative SESAR2020, die sich mit der Entwicklung eines zukünftigen europäischen Luftraums beschäftigt. Angesichts des voranschreitenden Klimawandels und des weiter wachsenden Flugverkehrs ist es nicht nur wünschenswert, sondern dringlich geboten, dass wir alle ökoeffizienter fliegen.

www.dkrz.de/Klimaforschung/HLRE-Projekte/focus/react4c

www.react4c.eu

Prof. Dr. Volker Grewe
(14.08.2015)

Institut für Physik der Atmosphäre, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR), und ‚visiting professor‘ an der TU Delft.

Bildnachweis: © privat

 

 

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