Die Zunahme der Häufigkeit und Intensität von Hitzeperioden – wie wir sie gerade wieder in diesem Sommer erlebt haben – gilt in den nächsten 100 Jahren als überaus wahrscheinlich. Dieser Sommer vermittelte einen Vorgeschmack dessen, was die Zukunft möglicherweise bringt. Höhere Temperaturen und lang anhaltende Hitzeperioden werden auch in Deutschland immer mehr zum Problem.
Die mittlere jährliche Zahl sogenannter „heißer Tage“, mit Höchsttemperaturen ab 30 Grad Celsius, sowie die Zahl der „Tropennächte“ mit Tiefsttemperaturen von wenigstens 20 Grad haben fast überall zugenommen. Besonders betroffen sind die Städte, in denen weit mehr als 70 Prozent der Bevölkerung leben und arbeiten. Durch die dicht bebauten und versiegelten urbanen Flächen kühlt es während extremer Wärmeperioden nachts kaum mehr ab. Schon heute werden in deutschen Großstädten bis zu 10 °C höhere Lufttemperaturen als im Umland gemessen.
Durch den Zuzug der Bevölkerung in die Großstädte steigt der Bedarf an städtischem Wohnraum und die Bebauungsverdichtungen nehmen zu. Bei gleichzeitig global ansteigenden Temperaturen ist dort also eine weitere Verstärkung der Wärmebelastung zu erwarten. Hinzu kommt der vergleichsweise rasche Wechsel von meteorologischen Extremen wie Hitze und Trockenheit, Starkniederschlägen oder Frost, was deutsche Städte vor erhebliche Herausforderungen stellt. Durch die mit dem zu erwartenden Klimawandel verbundenen Veränderungen der Extreme werden sich auch Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung auf vielfältige Art verschärfen. Extremtemperaturen sind für den Menschen sehr belastend.
Zur langfristigen Erfassung und Analyse des Stadtklimas, auch im Kontext des Klimawandels, wird nun erstmals ein neues Sondermessnetz mit bis zu zehn Stadtklimastationen durch den Deutschen Wetterdienst (DWD) aufgebaut. Diese neuen Stationen werden sich aufgrund ihrer innerstädtischen Lage deutlich von der Mehrzahl der Wetterstationen des DWD unterscheiden. Denn Wetterstationen werden in der Regel wegen der weltweiten Vergleichbarkeit in einer möglichst von Bebauung unbeeinflussten oder ländlichen Umgebung aufgestellt. Damit konnten sie das spezifische Stadtklima bisher nicht hinreichend erfassen. Zur Bewertung der Stadtklimaeffekte aber werden sie herangezogen, denn zu jeder Stadtstation muss wenigstens eine Vergleichsstation im Umland vorhanden sein.
Ende August 2015 wurde in Berlin am Alexanderplatz die erste Stadtklimastation unter Beteiligung von Christian Gaebler, Staatssekretär für Verkehr und Umwelt in Berlin, eingeweiht. Die Wahl des Standorts knüpft an die traditionsreiche Messreihe der ehemaligen Klimastation Alexanderplatz an, die 2011 nahe dem Fernsehturm den baulichen Umgestaltungen vor Ort zum Opfer gefallen war.
Die neue Berliner Stadtklimastation erlaubt einen Vergleich zu den Routinestationen des DWD im Umland, aber auch mit anderen Städten und städtebaulichen Strukturen in Deutschland. Dies hilft bei der Optimierung von Stadtklimamodellen und liefert einen wertvollen Beitrag zur „Deutschen Anpassungsstrategie“ (DAS) an den Klimawandel.
Dr. Paul Becker
(14.Oktober 2015)
Vizepräsident des Deutschen Wetterdienstes (DWD) und DKK-Vorstand
Bildnachweis: © DWD
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