Rund 280 Personen aus Wissenschaft und Praxis waren Ende September beim K3 Kongress in Salzburg auf der Suche nach neuen Wegen in der Klimakommunikation. Viel war die Rede von Storytelling und Emotionen, es war ein inspirierender Kongress. Trotzdem dürfen wir die Fakten – in Zeiten von Fake News – nicht komplett vernachlässigen, meint Marie-Luise Beck, die die Konferenz von Anfang an mitorganisiert hat.
Ein Editorial von Marie-Luise Beck, Deutsches Klima-Konsortium
Als vor zwei Jahren die Idee entstand, erstmals eine Klima-Kommunikationskonferenz im gesamten deutschsprachigen Raum zu veranstalten, war das Deutsche Klima-Konsortium von Anfang an dabei. Als eine von fünf Organisationen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz verantworteten wir Planung und Durchführung des zweitägigen Kongresses am 25. und 26. September in Salzburg. Großartige Unterstützung erhielten wir von dem neunköpfigen wissenschaftlichen Beirat – darunter die Soziologin Silke Beck vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung und der Kommunikationswissenschaftler Michael Brüggemann von der Universität Hamburg. Möglich geworden ist K3 aber erst, als feststand, dass vom Climate Change Center Austria die notwendige finanzielle Unterstützung kommt.
Uns interessierte die Frage, warum es bereits so viel Wissen über den Klimawandel, seine Folgen und die Möglichkeiten der Begrenzung gibt – aber die politischen Maßnahmen, nur schleppend vorankommen. Schließlich sind wir derzeit auf dem Weg in eine Drei- oder gar Vier-Grad-Welt, wohl wissend, dass dies eine sehr schlechte Idee ist. Ist die Kommunikation darüber zumindest mitverantwortlich und wenn ja, was zeichnet ein besseres Sprechen über dieses Thema aus? Diese Fragen sind Kern unserer Arbeit im DKK, sie gehörten zu den Gründen, warum der Wissenschaftsverband 2009 überhaupt ins Leben gerufen wurde, und sie finden sich wieder im DKK-Positionspapier von 2015.
Ein ausgebuchter Kongress mit 280 Teilnehmenden, sechs spannende Keynotes in drei Themenblöcken, 18 Workshops zu ganz diversen Themen, eine bewegende musikalische Uraufführung vom Berliner Orchester des Wandels, eine gut besuchte multikonfessionelle Morgenandacht und die engagierten Debatten auf den Fluren zeigten: Das Thema lag in der Luft – Zeit, dass es auf den Tisch kam.
Wer allerdings ein Patentrezept für alle Fälle erwartet hatte, wurde enttäuscht.
Mike Hulme, namhafter Klimawissenschaftler an der University of Cambridge und bekannter Sachbuchautor, sagte in seiner Keynote deutlich: Jede Kommunikation, also auch die zu Klimawandel, ist kulturell gerahmt und damit immer auch politisch. Es sei nicht möglich, neutrale wissenschaftliche Wahrheit zu kommunizieren. Allein die Auswahl der Fakten und deren Einordnung, würden dieses Unterfangen unmöglich machen. Das sogenannte Framing des Klimawandels kann dabei ganz unterschiedlich sein: als Kennzeichen der Risikogesellschaft (Ulrich Beck), als Verlust der Natur (Umweltbewegung), als Ausdruck des Klassenkampfes (Naomi Klein) oder auch als weltweite spirituelle Krise (Papst Franziskus).
Noch einen Schritt weiter ging die Soziologin Susanne Moser von der Standford University, deren Keynote bei den einen Begeisterung, bei den anderen Skepsis auslöste. Sie nahm unter anderem die These des Soziologen Ulrich Beck zum Ausgangspunkt: Danach steht die Moderne an der Schwelle einer Veränderung, die mit den gewohnten Fortschritten und Wandlungen nichts mehr gemein hat. Grund seien die nichtintendierten Nebenfolgen des technischen Fortschritts – wie eben die Ablagerung von menschgemachten Treibhausgasen in der Atmosphäre. Diese würden zu zentralen Risiken, deren Bewältigung uns fundamental überforderte. Mosers These dazu: Noch haben wir die Wahl, die Transformation zu gestalten oder eine von einer entgleisten Natur und entgleisenden Gesellschaften aufoktroyierte Transformation zu erleiden. Die Aufgabe für die Kommunikation geht also in diesem Ansatz weit über die Frage nach Methoden ihrer Optimierung hinaus. Vielmehr geht es darum, die Sprachlosigkeit zu überwinden. Hier sieht Moser Geschichten, Bilder und Vergleiche am Zuge, um überhaupt die Realität begreifbar zu machen, den Ernst der Lage angemessen zu beschreiben.
Zwei aufrüttelnde Vorträge, aus denen jeder Teilnehmer und jede Teilnehmerin selbst Konsequenzen ziehen muss. Ich freue mich darauf, beim nächsten K3 Kongress in zwei Jahren davon zu erfahren. Ein Bild zum Zusammenhang von wissenschaftlichen Fakten und Geschichten, das für mich stimmig ist, und das ich mit nach Hause nehme, ist ein Zitat der US-Autorin Naomi Remen: „Die Fakten sind die Knochen der Geschichte … [aber] das eigentlich wichtige Wissen wird durch Geschichten weitergegeben.“ Damit ist einer faktenfreien Kommunikation eindeutig eine Absage erteilt. Aber ausschließlich Fakten bilden – um im Bild zu bleiben – eben nur ein Skelett.
Zur Autorin
Marie-Luise Beck ist Geschäftsführerin des Deutschen Klima-Konsortiums und Mitorganisatorin des K3 Kongresses.
16. Oktober 2017
Bildnachweis: © DKK, S. Sharifi
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