Kolumne "Zur Sache"

Bilanz zur COP28 in Dubai: Gesichtswahrend, aber zu wenig für den 1,5°C-Pfad

Prof. Dr. Angela Oels

Prof. Dr. Angela Oels vom Zentrum für Klimaresilienz der Universität Augsburg, die auch stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Klima-Konsortiums ist, schaut ernüchtert auf die Ergebnisse des UN-Klimagipfels COP28 in Dubai.

Ein Editorial von Prof. Dr. Angela Oels, Zentrum für Klimaresilienz (ZfK), Universität Augsburg

Im Jahr 2021 wurde auf COP26 in Glasgow erstmals über einen Ausstieg (phase-out) aus der Kohle verhandelt, der dann doch nur eine Reduzierung (phase-down) wurde. Auf der COP28 in Dubai stand nun der Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen, also Kohle, Öl und Gas, auf der Agenda. Am letzten offiziellen Konferenztag schien ein Scheitern der Konferenz im Raum zu stehen, als die EU, die kleinen Inselstaaten und viele andere die Formulierung „Reduzierung“ der Fossilen als zu schwach geißelten und auf einem Ausstieg beharrten. Die dann am Verlängerungstag erfolgte Einigung auf eine „Abkehr“ von fossilen Energien (transitioning away) ist besser als nichts. Es darf aber die Frage gestellt werden, ob „transitioning away“ wirklich eine stärkere Formulierung ist als die viel kritisierte „Reduzierung“ der Fossilen. Möglicherweise ging es am Ende eher um Gesichtswahrung als ums Klima. Eine Delegierte der Marshall-Inseln brach nach Verabschiedung dieser Textpassage in Tränen aus. Unangefochten im Verhandlungstext blieben immerhin die Ziele einer Verdreifachung der Kapazität der Erneuerbaren bis 2030 zum einen und einer Verdopplung der Energieeffizienz bis 2030 zum anderen. Letztlich wird die nächste Runde der nationalen Klimaschutzziele (NDCs) darüber entscheiden, ob diese drei Ziele auch in die Tat umgesetzt werden.

Liest man das Kleingedruckte, verbleiben zahlreiche Schlupflöcher und Unschärfen. Die Abkehr von den Fossilen ist begrenzt auf die „Energiesysteme“, und hier darf darüber gestritten werden, ob damit nur die Elektrizitätserzeugung oder auch Verkehr, Gebäude und Industrie gemeint sein könnten. Zudem setzt der verabschiedete Text ausdrücklich auf den Einsatz von Atomkraft und auf Kohlenstoff-Abscheidung. Das könnte eine Mogelpackung sein: Der Aufbau von Anlagen zur Kohlenstoff-Abscheidung ist langwierig, die Kosten sind prohibitiv hoch, sodass heute schon klar ist, dass diese Techniken auch unter günstigsten Voraussetzungen allenfalls für die sog. unvermeidbaren Emissionen aus zum Beispiel Industrieprozessen zur Anwendung kommen werden. Ihr möglicher Beitrag zur Reduzierung der Treibhausgase bis 2030 wird daher allenfalls im einstelligen Prozentbereich bleiben.

Die Bewegung weg von den Fossilen kostet jede Menge Geld, das bisher für den Globalen Süden nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung gestellt wird. Das im Pariser Abkommen von 2015 gemachte Versprechen des Globalen Nordens, jedes Jahr US$ 100 Milliarden in den Globalen Süden zu transferieren, ist drei Jahre in Folge gebrochen worden. Wahrscheinlich wurde es im Jahr 2023 erstmals erreicht. Ohne einen verlässlichen Ausbau dieser Unterstützung wird die Verdreifachung der Erneuerbaren in vielen ärmeren Ländern aber nicht zu machen sein.

Um mit einem Lichtblick zu enden: Die Operationalisierung des Fonds für klimabedingte Schäden und Verluste (Loss & Damage Fund) gleich am ersten Konferenztag ist als durchweg positiv zu bewerten. Zumal die Vereinigten Arabischen Emirate mit ihrem Beitrag von US$ 100 Millionen mit der Logik globaler Norden versus globaler Süden gebrochen haben, was zukünftig Fortschritte auch in anderen Bereichen der internationalen Klimapolitik erleichtern dürfte. Jedoch kommen Zweifel auf, wenn man sich die eingezahlten Beiträge in Summe von rund US$ 700 Millionen vor Augen führt. Oxfam schätzt den jährlichen Bedarf im Jahr 2030 auf US$ 290-580 Milliarden. Allein die Beseitigung der Schäden im Ahrtal hat 40 Milliarden Euro gekostet. Hier bedarf es neben deutlich höheren öffentlichen Einzahlungen auch innovativer Finanzinstrumente. Wichtig wäre ein Schuldenerlass für die ärmsten Staaten, um dort überhaupt Handlungsspielraum zu schaffen. Es gilt insbesondere in Klimaanpassung zu investieren, um damit zukünftig Klimaschäden eindämmen zu können. Ein Schuldenerlass steht leider aber noch nicht auf der Agenda der COP29.

 

Mehr Informationen

  • "Klimakompromiss: Umstieg statt Ausstieg aus den Fossilen" - Frau Oels sprach kürzlich im Deutschlandfunk mit dem klimapolitischen Sprecher CDU/CSU-Bundestagsfraktion Andreas Jung, Joachim Fünfgelt (Brot für die Welt) und Georg Ehring (Deutschlandfunk) über die Ergebnisse der COP28. Moderator war Thilo Kößler.


Zur Autorin

Prof. Dr. Angela Oels ist Professorin für Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Klimapolitik am neu gegründeten Zentrum für Klimaresilienz der Universität Augsburg. Seit April 2023 ist sie Mitglied im Vorstand des Deutschen Klima-Konsortiums. Seit September 2023 ist sie im Klimabeirat der Stadt Augsburg. Sie war bereits auf COP1 im Jahr 1995 in Berlin als Beobachterin dabei.

 

18.12.2023
Bildnachweis: eigene Aufnahme (Angela Oels)

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