Fünf renommierte Wissenschaftler:innen aus den Gesellschaftswissenschaften – Prof. Dr. Frank Adloff (Soziologie, Universität Hamburg), Prof. Dr. Klaus Eisenack (Ökonomie, Humboldt-Universität zu Berlin), Prof. Dr. Angela Oels (Politikwissenschaft, Universität Augsburg und DKK-Vorstandsvorsitzende), Prof. Dr. Lisa Schipper (Geographie, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn) und Prof. Dr. Angela Schwerdtfeger (Rechtswissenschaft, Georg-August-Universität Göttingen) – debattierten über das Spannungsfeld von Klimaschutz und Freiheit.
In der alltäglichen Debatte wird Klimaschutz oft verkürzt als Einschränkung individueller Freiheiten wahrgenommen, etwa bei der Frage nach Mobilität oder der Art des Heizens. Doch Panelist und Soziologe Prof. Frank Adloff warnte davor, Freiheit allein auf Konsummöglichkeiten zu reduzieren. Dieses Verständnis von Freiheit sei anspruchslos und übersehe die gravierenden sozialen Ungerechtigkeiten mit Blick auf die Tatsache, dass Wohlhabende die meisten Emissionen ausstoßen und Menschen mit wenig Ressourcen unter den Folgen leiden müssen. Adloff betonte: „Freiheit hat eine Gemeinwohlseite, die künftig auch das ökologische Wohl umfassen muss.“
Für den Panelisten und Ökonomen Prof. Klaus Eisenack lag der Schlüssel im Umgang mit dem Klimawandel und der Sicherung von Freiheit im kollektiven Handeln – sowohl global als auch lokal. Zudem stellte Prof. Eisenack das Versprechen eines stets kontinuierlichen Wachstums in Frage. Auch zweifelte er an der Idee eines „Green Growth“, eines stetigen Wirtschaftswachstumes mit gleichzeitig sinkenden Emissionen, denn mit der Erde ließe sich schließlich nur einmal experimentieren.
Die Frage des Gemeinwohls ist eng verknüpft mit der Generationengerechtigkeit. Das Bundesverfassungsgericht hat 2021 den Begriff der „intertemporalen Freiheitssicherung“ geprägt, der besagt, dass der Schutz des Klimas die künftige Freiheit der heute jungen Generationen garantiert. Rechtswissenschaftlerin Prof. Angela Schwerdtfeger brachte die Feststellung des Bundesverfassungsgerichts auf den Punkt: „Klimaschutz heute sichert Freiheitsausübung morgen.“ So seien bei einem nur langsamen Absinken der Emissionen in künftigen Jahren umso drastischere Maßnahmen notwendig, die dann die Grundrechte einschränken würden.
Mit der Politikwissenschaftlerin Prof. Angela Oels wurde das Spannungsfeld von Freiheit und Klimaschutz auf internationaler, staatlicher Ebene diskutiert. „Das freiheitliche, neoliberale Regieren mit selbstgewählten nationalen Klimaschutzbeiträgen hat fast alle Staaten zur Unterzeichnung des Pariser Abkommens bewegt“, konstatierte Prof. Oels. „Aber leider steigen die globalen Emissionen trotzdem jedes Jahr auf neue Rekordhöhen. Das Problem wird mit neoliberalen Instrumenten verwaltet, aber nicht gelöst. Ein Paradigmenwechsel ist ausgeblieben.“ Sie erwähnte zudem, dass fossile Energieträger als wichtigste Ursache des menschengemachten Klimawandels über Jahrzehnte in den Weltklimaverhandlungen überhaupt nicht explizit genannt wurden.
Auch Geographin Prof. Lisa Schipper betonte, dass Freiheit nur dann angestrebt werden kann, wenn man alle Menschen miteinbezieht. „Ohne Emissionsreduzierung werden insbesondere die Freiheiten der Menschen des Globalen Südens und der marginalisierten Menschen im Globalen Norden beschränkt“, so Prof. Schipper. Freiheit bedeute in erster Linie eine Lebensverbesserung für alle Menschen dieser Erde. Zudem sei Entwicklung nicht gleichzusetzen mit einem bloßen Anstieg von finanziellen Mitteln. Vielmehr bedeute Entwicklung ein Zuwachs von Entfaltungsmöglichkeiten in Gesellschaften.
Nach einer Pause hatten die Teilnehmenden die Gelegenheit, sich in „World-Cafés“ direkt mit den Panelist:innen zu folgenden Fragen auszutauschen:
Wie viel Ungleichheit können wir uns noch leisten? | mit Prof. Dr. Frank Adloff
Welche Auswirkungen hat die Freiheit in Deutschland auf die vom Klimawandel betroffenen Länder im Globalen Süden? | mit Prof. Dr. Lisa Schipper
Was könnte auf der COP29 in Baku bestenfalls beschlossen werden? | mit Prof. Dr. Angela Oels
Wie kann das Recht zu Generationengerechtigkeit beitragen? | mit Prof. Dr. Angela Schwerdtfeger
Freiheit in Gegenwart und Zukunft: Kann und soll man das abwägen? | mit Prof. Dr. Klaus Eisenack