DKK-Klima-Frühstück

04.07.2014

Treibhausgas-Emissionen und Luftverkehr - Wird das Fliegen klimafreundlich?

Der Luftverkehr scheint mit einem Anteil von 2,2% an den weltweiten Treibhausgasausstößen eine geringe Rolle zu spielen. Allerdings zählt er zu den jährlich am stärksten wachsenden Sektoren, mit Steigerungsraten von jährlich etwa fünf Prozent.

Indem sich Klimaschutzambitionen der Staaten auf den Klimaschutz im Gebäude- und Stromsektor konzentrieren, wächst der relative Anteil des Luftverkehrs überproportional. Bisher hat die Luftfahrtindustrie ihren CO2-Ausstoß pro Flugkilometer über Effizienzsteigerungen der Triebwerke um etwa die Hälfte senken können. Zukünftig reicht das nicht aus. Den Vorstoß des EU-Parlaments den internationalen Luftverkehr in den Emissionshandel einzubeziehen, konnte die International Civil Aviation Organization (ICAO) vorerst stoppen. Der politische Druck aber wächst. Mit welchen zusätzlichen Strategien lässt sich das Fliegen klimafreundlich(er) gestalten?

Fliegt die Luftfahrt mit Bio-Kerosin in die Zukunft?

Diese Fragen stellte das Deutsche Klima-Konsortium zwei ausgewiesenen Experten und lud am 3. Juli interessierte Journalisten zum achten DKK-Klima-Frühstück ein.

Professor Robert Sausen, Physiker und Abteilungsleiter am Institut für Physik der Atmosphäre des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, stellte das Forschungsprojekt AviClim vor. Im Rahmen des vom BMBF geförderten Projektes wird anhand von Szenarien untersucht, welche Klimawirkung der Luftverkehr tatsächlich verursacht, mit welchen Maßnahmen die Emissionen von Treibhausgasen verringert werden können, und welche Strategien für eine weltweite Verringerung der Klimawirkungen des Luftverkehrs erfolgreich sein können. Zudem stellte Professor Sausen das Ausmaß der jährlichen Treibhausgasemissionen des Luftverkehrs auf Basis der IPCC-Daten vor. Anschließend erläuterte er die besondere Rolle von klimaschädlichen Effekten, die unabhängig von dem direkten Treibhausgasausstoß CO2 entstehen. Die Emission von Stickoxiden sowie der emittierte Wasserdampf in großer Höhe, der zu Kondensstreifen und Zirren führt, zählen zu den sog. Nicht-CO2-Effekten, die in der Summe aber eine genauso große Klimawirkung haben, wie das CO2 selbst. Diese Effekte können durch eine geringe Änderung der Flugroutenhöhe (sog. Flugtrajektorien) extrem minimiert werden. Solche Routenabweichungen wären allerdings mit einem geringfügig höheren Treibstoffverbrauch verbunden.

Der Wissenschaftler stellte in Frage, dass dieser Fakt bisher ausreichend innerhalb der bestehenden internationalen Vereinbarungen berücksichtigt worden sei. Einzig das politische Instrument eines sektorenübergreifendenen Emissionshandelssystems, welches auch die Nicht-CO2-Effekte mit einschließt, kann eine deutliche Minderung aller klimaschädlichen Auswirkungen des Flugverkehrs erreichen. Hierbei werden die Nicht-CO2-Effekte durch CO2-Äquivalente ersetzt und fließen in dieser Form in den Emissionshandel mit ein. Dieses politische Instrument würde die nötigen Anreize für die Industrie bieten, auch die Nicht-CO2-Effekte zu reduzieren. Prof. Gernot Klepper, Ökonom und Leiter der Forschungsabteilung „Umwelt- und Ressourcenökonomie“ am Institut für Weltwirtschaft in Kiel, stellte den derzeit bekannten Diskussionstand in der Industrie vor und nahm Stellung zu Chancen und Risiken von Biokraftstoffen.

Die freiwillige Selbstverpflichtung von ICAO und IATA sieht vor, das angestrebte Wachstum Kohlenstoff-neutral zu gestalten, d. h., trotz jährlich steigender Flugkilometer sollen die Emissionen auf dem Stand von 2005 bleiben. Erreichen will die Industrie dieses Ziel durch sog. Market-based Measures (MBMs) und den massiven Einsatz von Biokerosin.

Werden wir nun zukünftig nur noch mit Bio-Kerosin fliegen?

Von Professor Klepper, kommt ein entschiedenes Nein bezüglich dieser Fragestellung, da die Biokraftstoffe bisher nicht die Effizienz von fossilem Flugkerosin erreicht haben und durch aufwändige Logistik weniger ökologisch sind als immer wieder behauptet wird. Auch sei die sog. zweite Generation, mit der Landnutzungskonflikte vermieden werden, schlicht zu teuer. In der anschließenden Diskussion wurde die Vision von solargetrieben Flugzeugen sowohl von dem Physiker Sausen als auch von dem Ökonomen Klepper als völlig abwegig klassifiziert. Die benötigte Energiedichte könne weder mit optimierten Solarpanels noch mit in ferner Zukunft liegenden optimierten Stromspeichersystemen erreicht werden.

Das Fazit der Experten: Im Flugverkehr gibt es zu fossilem Kerosin als Haupt-Treibstoff auf absehbare Zeit keine Alternative. Bio-Kerosin sei nur als Beimischung ökologisch sinnvoll. Die drei anderen Stellschrauben, die die Klimawirkung reduzieren können: eine leichte Veränderungen der Flugtrajektorien, um die Nicht-CO2-Effekte herunterzufahren, weitere technische Effizienzsteigerungen und die Einbeziehung in den Emissionshandel, damit das, was technisch nicht machbar ist, über den Ankauf von Verschmutzungsrechten kompensiert und in anderen Sektoren – allem voran dem innerstädtischen Individualverkehr - eingespart werden kann.

Ein klimafreundliches Fliegen ist nicht möglich. Es wäre schon ein Erfolg, wenn das Fliegen bei konsequenter Umsetzung aller aufgezeigten möglichen Maßnahmen weitgehend „klima-erträglich“ würde.

DKK-Hintergrundpapier "Treibhausgas-Emissionen und Luftverkehr" (PDF)

Vortrag Prof. Dr. Robert Sausen (PDF)
Vortrag Prof. Dr. Gernot Klepper (PDF)

 

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