10 Jahre Pariser Abkommen – Wo steht die Welt beim Klimaschutz?

Briefing zur 30. UN-Klimakonferenz am 04. November 2025 im Auswärtigen Amt und mit Bundesaußenminister Dr. Johann Wadephul, Bundesumweltminister Carsten Schneider und Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan

Das Briefing zur 30. UN-Klimakonferenz (COP30) haben wir dieses Jahr erneut zusammen mit dem Auswärtigen Amt (AA), dem Bundesministerium für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMUKN) und der Stiftung KlimaWirtschaft (SKW) gestaltet. Über 300 Gäste aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft kamen am 4. November 2025 in den Weltsaal des Auswärtigen Amts, um sich vertieft auf die wichtigsten Fragen der Weltklimakonferenz vorzubereiten, die vom 10. bis 21. November 2025 in Belém, Brasilien, stattfinden wird. Durch das Briefing führte Moderatorin Katie Gallus.

Hier geht es zur Aufzeichnung des Briefings.

Workshops ermöglichten einen vertieften Austausch zu Schlüsselthemen

Bereits am Vormittag boten vier thematische Workshops Gelegenheit, zentrale Themen der COP30 zu diskutieren. Folgende Sessions fanden in englischer Sprache statt:

  • Implementing the Global Stocktake (GST): Key Mitigation Steps
  • Adaptation – Measuring Progress: The UAE–Belém Work Programme on Indicators
  • Climate Finance – The Baku to Belém Roadmap to 1.3 Trillion Dollars
  • What’s Next for Climate Science?

Erstmals sprachen drei Kabinettsmitglieder auf dem COP-Briefing

Nach der Begrüßung durch DKK-Vorstandsmitglied Dr. Susanne Dröge, SKW-Vorständin Sabine Nallinger und DKK-Geschäftsführer Prof. Dr. Tilman Santarius sprachen – erstmals auf einem COP-Briefing – zwei Bundesminister und eine Bundesministerin.

Bundesaußenminister Dr. Johann Wadephul betonte in seiner Eröffnung, dass der Klimawandel eine der größten Bedrohungen für Sicherheit und Wohlstand weltweit darstellt. Auch Deutschland sei direkt von den Folgen betroffen – Klimaaußenpolitik schütze daher auch „uns selbst“, so Wadephul. Diese sei ein Türöffner für neue Allianzen und eine wichtige Säule internationaler Diplomatie. Zudem hob er die wirtschaftlichen Chancen des Klimaschutzes hervor: Innovationen und nachhaltige Wertschöpfung stärkten die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit Deutschlands.

Bundesentwicklungsministerin Reem Alabali Radovan betonte mit Blick auf den Klimawandel den dringenden Handlungsbedarf. Für viele Menschen gehe es um das bloße Überleben, während – bei ausbleibendem politischen Handeln – zunehmend nur privilegierte Gruppen Zugriff auf die verbleibenden Ressourcen hätten. Zeitgleich entwickeln Menschen im Globalen Süden kreative Strategien, um mit den Folgen umzugehen – von diesen könne auch Europa lernen. Von zentraler Bedeutung seien zudem die Klima- und Entwicklungspartnerschaften, die Länder wie Südafrika und Indonesien bei einer gerechten Energiewende unterstützen. Wenn Schwellenländer verstärkt auf erneuerbare Energien setzen, komme das nicht nur dem globalen Klima zugute, sondern eröffne auch wirtschaftliche Chancen für deutsche Unternehmen.

Bundesumweltminister Carsten Schneider äußerte sich in einem digitalen Statement, da er zur gleichen Zeit am Sonder-Umweltrat in Brüssel zur Verhandlung des EU-Klimaziels teilnahm. In seiner Keynote hob Schneider die bereits erzielten klimapolitischen Fortschritte zehn Jahre nach dem Pariser Abkommen hervor – insbesondere den fortschreitenden Ausbau erneuerbarer Energien. Es gebe jedoch weiterhin viel zu tun, insbesondere in den Sektoren Verkehr und Gebäude. Klimaschutz sei ein globaler Auftrag, betonte Schneider, und ende nicht an der deutschen oder europäischen Grenze. Die kommende Weltklimakonferenz sei dafür von entscheidender Bedeutung.

Das Statement von Bundesumweltminister Carsten Schneider in voller Länge:

 

Panel für einen beschleunigten, sozial gerechten Klimaschutz

Das erste Panel des Tages befasste sich mit der Frage, wie ambitionierter Klimaschutz sozial gerecht umgesetzt und gleichzeitig beschleunigt werden kann. Dabei stand auch die Bestandsaufnahme der nationalen Klimaschutzbeiträge (NDCs) im Mittelpunkt.

Prof. Dr. Niklas Höhne, Mitbegründer des NewClimate Institute, zeigte sich enttäuscht, dass zwei Drittel der Staaten des Pariser Abkommens bisher keine neuen NDCs vorgelegt haben. Aufgrund der aktuellen politischen Lage würden sich viele Staaten nur ungern zu ambitionierten Zielen verpflichten. Dennoch gehe er davon aus, dass zahlreiche Länder mehr in ihre Transformation investieren, als sie offiziell angeben. Der Ausbau erneuerbarer Energien schreite weltweit voran – diese seien in fast allen Staaten bereits günstiger als fossile Energien.

Dr. Heike Henn, Abteilungsleiterin für Internationale Klimapolitik im BMUKN, erklärte, dass die Verhandlungen über Klimaziele und NDCs von sensiblen Debatten über soziale Fragen und Beschäftigung begleitet werden. Ein vereinbartes EU-Klimaziel und ein EU-NDC seien äußerst wichtig, um auf der COP als glaubwürdiger Verhandlungspartner aufzutreten. Mit Blick auf die COP spiele das Thema „Just Transition“ eine zentrale Rolle – sowohl hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit als auch beim Ausstieg aus fossilen Energien und der Unterstützung vulnerabler Staaten.

Artur Runge-Metzger, ehemaliger Direktor der Generaldirektion Klimapolitik der Europäischen Kommission, empfahl mit Blick auf die COP, die bestehende Umsetzungslücke im Klimaschutz ehrlich anzuerkennen. Diese Lücke lasse sich unter anderem dadurch erklären, dass einige Staaten Schwierigkeiten hätten, eine Klimapolitik zu gestalten, die zugleich wirksam ist und breite gesellschaftliche Akzeptanz findet. Dennoch zeigte er sich zuversichtlich, dass einige Länder auf dem Weg zur COP neue Klimaschutzpläne „in ihren Koffern“ mitbringen würden.

Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, betonte, dass das Klimathema für vulnerable Gruppen, die besonders von den Folgen betroffen sind, keine Luxusdebatte sei. Es brauche eine sozial gerechte Förderpolitik insbesondere in den Bereichen Verkehr und Wohnen. Ein sozial gestaffeltes „Klimageld“, auch wenn dies derzeit leider nicht auf der politischen Agenda stehe, sei nach wie vor ein sinnvolles Instrument, um die CO₂-Bepreisung sozial zu flankieren.

Lizzie Herzog von der Salzgitter AG hob hervor, dass grüner Stahl eine wichtigere Rolle in Leitmärkten erhalten müsse. Der Staat könne hier mit gutem Beispiel vorangehen und gezielt Anreize für grünen Stahl setzen, insbesondere bei der öffentlichen Vergabe. Sie wünsche sich, dass Klimaschutz künftig wieder stärker in der Gesellschaft verankert wird.

Wissenschaftlicher Impuls zu „Klima, Waldschutz und Biodiversität“

Am Nachmittag sprach Prof. Dr. Mercedes Bustamante von der Universität Brasília in einer digitalen Keynote über grundsätzliche Fragen und Zusammenhänge der Themen Klima, Waldschutz und Biodiversität. Sie betonte, dass der Schutz von Biodiversität und Klima in politische Rahmenprogramme integriert werden müsse, um Synergieeffekte zu maximieren.

 

Gespräch mit dem brasilianischen Botschafter: „COP of Implementation“

Foto: Patricia Haas

In einem anschließenden Dialog betonte S.E. Rodrigo Baena Soares, Botschafter Brasiliens in Berlin, es ginge bei dieser COP darum, dass die internationale Staatengemeinschaft endlich verantwortungsvoll ins Handeln komme. In den vergangenen Jahren seien in vielen Bereichen – sowohl bei der Emissionsminderung als auch bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels – zahlreiche Pläne angekündigt worden. Auf dieser „COP of Implementation“ stehe nun die konkrete Umsetzung im Mittelpunkt.

Er unterstrich, dass Brasilien auch seine eigene Transformation entschlossen vorantreibe – unter anderem durch die Förderung von grünem Wasserstoff, der künftig auch nach Deutschland exportiert werden könnte. Die COP-Präsidentschaft, so Soares weiter, möchte zivilgesellschaftliche und indigene Gruppen auf der Konferenz einbeziehen – es handle sich um die “most inclusive COP”.

Abschlusspanel: Erwartungen an die COP30 in Belém

Im abschließenden Panel formulierten Vertreterinnen und Vertreter des AA, des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sowie des BMUKN ihre Erwartungen an die bevorstehende Weltklimakonferenz.

Dr. Bernhard Kotsch, Staatssekretär des AA, betrachtete die Klimapolitik aus außen- und sicherheitspolitischer Perspektive. Fragen der Migration und Verteilungskonflikte um Wasser im Zusammenhang mit dem Klimawandel seien auf der internationalen Bühne bereits von hoher Wichtigkeit. Der Multilateralismus werde – trotz der derzeitigen Kritik – weiter lebendig praktiziert. Der persönliche Austausch habe dabei einen hohen Stellenwert und sei eine zentrale Aufgabe des Auswärtigen Amts, auch im Rahmen der kommenden COP.

Niels Annen, Staatssekretär des BMZ, betonte, dass ohne den Schutz der Waldgebiete, insbesondere in Lateinamerika, die globalen Klimaziele nicht erreichbar seien. Er begrüße daher, dass das Thema Waldschutz auf der COP eine zentrale Rolle spiele. Mit Blick auf die Gestaltung von Energiepartnerschaften stellte er fest, dass der Wegfall der USA finanziell durch andere Partnerländer ausgeglichen werden konnte. Der erste “Stresstest” durch den Ausfall eines wichtigen Partners sei überstanden.

Dr. Vera Rodenhoff, Unterabteilungsleiterin im BMUKN, unterstrich die Bedeutung eines ambitionierten EU-Klimaziels und eines daraus abgeleiteten NDCs für die Verhandlungen. Eine ambitionierte Transformation sei auch wirtschaftspolitisch bedeutsam – denn andere Staaten, etwa China, gingen bei Schlüsseltechnologien mit großen Schritten voran. Europa und Deutschland müssten darauf achten, nicht den Anschluss zu verlieren, sondern wirtschaftliche Chancen zu ergreifen. In den COP-Verhandlungen gehe es nun darum, die Transformationsbemühungen sozial gerecht und zugleich im Einklang mit dem 1,5-Grad-Kurs zu gestalten.

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