Transformation für 1,5 Grad beschleunigen
Briefing zur 29. UN-Klimakonferenz
Briefing zur 29. UN-Klimakonferenz
Zum diesjährigen Briefing zur 29. UN-Klimakonferenz (COP 29) haben erneut das Auswärtige Amt, das Deutsche Klima-Konsortium (DKK) und die Stiftung KlimaWirtschaft (SKW) eingeladen. Knapp 500 Gäste aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft waren am 18. Oktober in den Weltsaal des Auswärtigen Amts gekommen, um sich auf die COP 29 vorzubereiten. Die Weltklimakonferenz wird zwischen dem 11. November und dem 22. November in Baku, Aserbaidschan, stattfinden. Durch das Briefing führte die Moderatorin Katie Gallus.
Zu Beginn der Veranstaltung konnten die Gäste in vier Workshops mit Expert:innen zu aktuellen Themen ins Gespräch kommen:
Nach einer kurzen Einführung und Begrüßung der Konferenz durch die bisherige DKK-Geschäftsführerin Marie-Luise Beck und nun nachfolgenden, neuen Geschäftsführer Tilman Santarius sowie die SKW-Vorständin Sabine Nallinger hielt Bundesaußenministerin Annalena Baerbock eine aufschlussreiche Grundsatzrede.
Zu Beginn stellte die Ministerin fest, dass der Klimawandel auch vor den wohlhabenden und stärksten Staaten keinen Halt macht. Sie rief dazu auf, sich immer wieder bewusst zu machen, was bereits erreicht wurde. In der Abschlusserklärung der COP18 in Doha hätten die Erneuerbaren Energien noch eine Nebenrolle gespielt. Doch mittlerweile seien die Erneuerbaren auf dem Vormarsch, was auch an der Zunahme von Investitionen liege. Klimapolitik durchdringe heutzutage alle politischen Ressorts.
Die Ministerin betonte in ihrer Rede die Bedeutung des Klimas für die Außen- und Sicherheitspolitik. Als wesentliches Sicherheitsrisiko nannte sie die gravierenden Folgen zunehmender Ernährungsunsicherheit. Zugleich könne eine aktive Klimapolitik als eine „Sicherheitschance“ verstanden werden, denn jedes reduzierte Zehntelgrad rette Menschenleben und mindere ökonomische Schäden.
Baerbock appellierte für eine verstärkte internationale Zusammenarbeit in der Klimapolitik. Klima- und Energiepartnerschaften, wie die zwischen Deutschland und Südafrika, würden gegenseitiges Lernen ermöglichen. Bei der Klimafinanzierung betonte Baerbock die Verantwortung wohlhabender Länder für eine ehrliche Klima- und Geopolitik. Zum Abschluss verdeutlichte die Ministerin mit dem Bild eines positiven Kipppunktes, dass sich keine führende Industrienation einen Rückschritt ins fossile Zeitalter erlauben könne.
Die Rede von Außenministerin Annalena Baerbock finden Sie in voller Gänze als Text auf der Website des Auswärtigen Amtes.
Es folgte ein Panel zum Thema Grüne Transformation – Ambitionen steigern und Transformation voranbringen mit Stefan Wenzel, parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, Dr. Susanne Dröge, Leiterin der Abteilung „Klimaschutz und Energie“ im Umweltbundesamt, Dr. Christiane Averbeck, Geschäftsführerin der Klima-Allianz Deutschland und Dr. Thomas Schlenker, Senior Vice President Digitalization & Smart Building bei Schüco).
Für eine ambitionierte Transformation seien dringend Investitionen in die Infrastruktur notwendig, die in vielen Bereichen ohnehin zeitnah erforderlich sind. Trotz Fortschritten beim Ausbau der erneuerbaren Energien bestehen in verschiedenen Sektoren veraltete Strukturen. Ein Beispiel sei der Verkehr: Selbst bei einer breiteren Einführung von Elektrofahrzeugen bleibt der Bestand an Fahrzeugen mit fossilem Antrieb weiterhin erheblich.
Aus zivilgesellschaftlicher Seite brauche es eine Reform der Schuldenbremse und den Abbau klimaschädlicher Subventionen. Mit Blick auf die COP wurde angemerkt, dass die Teilnahme an der Kli-makonferenz in Baku auch für Menschen mit geringem Einkommen erschwinglich sein sollte, um eine ‚Konferenz der Wohlhabenden‘ zu vermeiden.
Zudem wurde betont, dass es für Unternehmen zunehmend herausfordernd wird, wenn sich die Staaten nicht auf einheitliche Standards zur Dekarbonisierung einigen können. Auf globaler Ebene seien Allianzen wie der Klimaclub daher sehr wichtig. Für den Bausektor wurde festgestellt, dass die Nachfrage nach kohlenstoffarmen Produkten in Deutschland derzeit gering ist. Es brauche stärkere Anreize und finanzielle Vorteile für Abnehmer:innen dieser Produkte sowie mehr verfügbaren grünen Strom zur Herstellung von klimafreundlichen Materialien.
Ein wichtiger Schwerpunkt bei der nächsten Klimakonferenz wird der Erfahrungsaustausch über Best-Practice-Beispiele sein, insbesondere im Bereich der Dekarbonisierung der Industrie. Wichtige Punkte sind die Weiterentwicklung globaler Allianzen und das Stärken von Leitmärkten, zum Beispiel für grünen Stahl.
Es folgte ein Vortrag des Botschafters von Aserbaidschan in Deutschland, S. E. Nasimi Aghayev. Er betonte die Risiken des Klimawandels für sein Heimatland. Aserbaidschan sei reich an fossilen Brennstoffen und investiere gleichzeitig in Erneuerbare Energien, weshalb das Land eine Vorreiterrolle einnehme. Bis 2030 werde der Anteil der Erneuerbaren Energien 30% in Aserbaidschan betragen. Der Botschafter hob hervor, dass keine Zeit mit der Suche nach „Schuldigen“ verschwendet werden sollte. Stattdessen betonte er die Bedeutung multilateraler Kooperation für einen kollektiven Erfolg in der Klimapolitik.
Im Anschluss gab Prof. Amar Bhattacharya von der London School of Economics and Political Science einen Impulsvortrag zum Thema Klimafinanzierung. Zu Beginn erläuterte er die verschiedenen Investitionsbereiche: Energiewende, Adaption und Resilienz, Schäden und Verluste, Natur und Landwirtschaft sowie soziale Gerechtigkeit. Zwar flössen derzeit viele Investitionen in die Industrieländer, doch künftig müssten diese verstärkt in den Ländern des Globalen Südens getätigt werden. Bhattacharya betonte die Rolle privater Investitionen für die Klimafinanzierung. Öffentliche Gelder würden bisher bei weitem nicht ausreichen, es benötige daher innovative Quellen für die Finanzierung.
Im Abschlusspanel formulierten hochkarätige politische Akteure wesentlicher Ministerien ihre Erwartungen an die bevorstehende COP29 in Baku.
Aus Sicht von Jennifer Morgan, Staatssekretärin und Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik im Auswärtigen Amt, brauche es für die kommende Weltklimakonferenz Fortschritte bei den Minderungsmaßnahmen, einen Rückgang der globalen Abholzung, den Schutz der Biodiversität und nicht zuletzt einen globalen Ausstieg aus Kohleenergie. Zweitens werde ein neues Framework zur Finanzierung von internationalem Klimaschutz in Entwicklungsländern angestrebt. Darüber hinaus möchte sie einen Gender-Aktionsplan vorantreiben.
Der Staatssekretär des Bundesministeriums der Finanzen, Heiko Thoms, betonte, dass – gerade in Zeiten von angespannten Haushalten – finanzielle Mittel endlich seien, was innerhalb von Regierungen zu Verteilungs- und Zielkonflikten führen könne. Mit Blick auf die internationale Klimafinanzierung sei es daher wichtig, die Geberbasis zu erweitern. Thoms betonte, dass die Finanzierungs-ziele ohne einen erheblichen Einsatz von privatem Kapital nicht erreicht werden könnten.
Dr. Heike Henn, Leiterin der Unterabteilung Klima, Energie und Umwelt im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (in Vertretung für den krankheitsbedingt nicht anwesenden StS Jochen Flasbarth) betonte, dass es für eine wirkungsvolle Klimafinanzierung nicht nur auf die Höhe der Finanzierung, sondern auch auf die richtigen Rahmenbedingungen und die Qualität der Umsetzung ankomme würde. Zum Beispiel sei Taxonomie ein wichtiges Instrument, um Mittel zu lenken.
Dr. Eva Kracht, Abteilungsleiterin im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (in Vertretung für den krankheitsbedingt nicht anwesenden StS Stefan Tidow) verwies auf eine Besonderheit im diesem Jahr: 2024 werden zwischen Oktober und Dezember die drei großen Rio Konferenzen (über Klimawandel, Biodiversität und Wüstenbildung) stattfinden. Dies sei eine große Chance, die Lösung einiger der dringendsten Umweltprobleme unseres Planeten zusammenzudenken und voranzutreiben.