11/17/15
Sabine Nallinger, Vorständin der Stiftung 2°, stellt die aktuelle Dekarbonisierungsinitiative ihrer Stiftung vor
Die Dekarbonisierung bietet neben Herausforderungen vor allem Chancen für die deutsche Wirtschaft. So lautet die zentrale Botschaft der Stiftung 2°, einer Initiative von Vorstandsvorsitzenden, Geschäftsführern und Familienunternehmern.
Sabine Nallinger, Vorständin der Stiftung 2°, stellt beim Pre-Briefing zur 21. UNFCCC-Klimakonferenz ein Arbeitsprogramm der Stiftung vor, in dem anhand von zentralen Handlungsfeldern der Weg in die 2°-Wirtschaft auf die einzelnen Sektoren und Geschäftsfelder heruntergebrochen wird. So sollen Best-Practice-Modelle für Klimaschutz zu geschaffen werden, die anderen als Vorbild und Inspiration dienen können. "Unsere Stiftung versteht sich als offene Plattform", sagt Nallinger und fordert Unternehmen auf, mitzuwirken.
Die 12 Unternehmen, die bereits die Arbeit der Stiftung 2° unterstützen und über 800.000 Arbeitsnehmer in Deutschland repräsentieren, haben sich im Vorfeld der Weltklimakonferenz durch ihr unternehmerisches Handeln bereits dazu bekannt, die deutsche Klimapolitik zu unterstützen. Ziel sei es, einen aktiven Beitrag zu leisten, um Deutschland zum globalen Vorbild der auf dem G7-Gipfel in Elmau beschlossenen Dekarbonisierung zu machen und bis 2050 95 Prozent des Treibhausgasausstosses gegenüber 1990 zu reduzieren. Die CEOs, die sich in der Stiftung 2° engagieren, stellen ihre Unternehmen, darunter Konzerne wie die Deutsche Bahn und Familienuntennehmen wie die Otto-Fuchs KG, entsprechend für eine 2°-Wirtschaft auf und entwickeln umfassende Strategien mit ambitionierten Klimaschutzzielen, so Nallinger.
Dazu haben sie fünf zentrale Handlungsfelder identifiziert. So soll in allen Branchen, auch in den energieintensiven, eine Umstellung auf 100 Prozent erneuerbare Energien geschafft werden. Bis 2030 sollen 40 Prozent des Energieverbrauchs im Vergleich zu 1990 eingespart werden. Bis 2020 soll die Ressourceneffizienz verdoppelt, die Investitionen in eine nachhaltige Klimainfrastruktur erhöht und im Bereich Mobilität 30 Prozent der Emissionen eingespart werden.
Nallinger betont, dass die Wirtschaft Planungssicherheit benötige, um unternehmerischen Klimaschutz in der Breite erfolgreich umsetzen zu können. Die dafür notwendigen Rahmenbedingungen in Form von nationalen Gesetzen und verbindlichen Vorgaben und Aktionsprogrammen müsse die Politik bieten. "Wir müssen uns schnell auf den Weg machen," betont Nallinger. "Wichtig ist aber vor allem, dass wir uns auf den Weg machen." Die Stiftung 2° möchte daher Lust machen auf ein starkes unternehmerisches Engegament und sieht in der Transformation große Chancen für die deutsche Wirtschaft.
11/13/15
Autoren: Arijana Gordanshekan & Njema Drammeh
Autoren: Arijana Gordanshekan & Njema Drammeh
In seinem Vortrag "Klimawandel und Wirtschaft - wie Stürme in Asien zum Problem in Europa werden können" beschreibt Anders Levermann, Professor für die Dynamik des Klimasystems am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK), den aktuellen und zukünftig erwartbaren Klimawandel und gibt Einschätzungen, welche Folgen diese für Wirtschaft und Gesellschaft haben könnte.
Das Jahr 2015 sei das wärmste Jahr seit Beginn der Klimaaufzeichnung, führt Levermann aus. Die Erderwärmung habe erhebliche Folgen auf die Ökosysteme, wie den Verlust von Korallenriffen, womit die Lebensgrundlage von 600 Millionen Menschen betroffen ist. Andere Folgen seien der Rückgang des Eises in der Arktis, das Auftauen des Permafrosts, die Veränderungen des Golfstroms oder auch die Gletscherschmelze.
Beispielhaft ging der Klimaforscher auf den steigenden Meeresspiegel ein. Eines ist für ihn sicher: das Niveau steigt kontinuierlich weiter. "Wenn kein politisches und gesellschaftliches Umdenken stattfindet und die Nutzung fossiler Brennstoffe nicht eingestellt wird, führt die daraus resultierende Erderwärmung auf lange Sicht zu einem eisfreien Planeten", prognostiziert Levermann und meint damit Zeitskalen von 1.000 Jahren und mehr. Das komplette Abschmelzen der Antarktis hätte dann einen Meeresspiegelanstieg um gigantische 50-60 Meter zur Folge. Aber schon heute sind absehbar unzählige Küstenstädte und Landflächen durch den bis Ende des Jahrhunderts erwarteten Meeresspiegelanstieg bedroht.
Die Erderwärmung führe zu mehr Wetterextremen, zu mehr Hitzeperioden, gleichzeitig aber auch zu mehr Kälteperioden, Dürren und Niederschläge. Die Folgen der Erderwärmung verlaufen also global gesehen nicht homogen. Die Temperaturen in den hohen Breiten der Nordkugel erhöhen sich fast doppelt so stark wie in den anderen Regionen der Erde. Interessant in diesem Zusammenhang: der Jetstream, ein Starkwindband, das auf der Nordhalbkugel für den Transport von Hoch- und Tiefdruckgebieten verantwortlich ist, habe bereits seine Bahn leicht verändert. Wenn sich dieser Prozess fortsetze, könnten sich Wetterextreme verstärken. Beispielsweise bestehe möglicherweise ein Zusammenhang zu dem merkwürdigen Phänomen, dass der Hurrikan Sandy, obwohl er bereits auf dem Weg in den Nordatlantik war, plötzlich seine Richtung änderte und nach New York zog. Levermann erwartet, dass durch den Klimawandel Produktionsausfälle häufiger auftreten. Die Nachwirkungen würden durch die globale Vernetzung weltweit zu spüren sein und nicht nur in einzelnen Staaten. Deshalb sei es so wichtig, dass die Big Player wie China und Russland mitziehen und eine gemeinsame Realisierung des Klimawandels stattfindet.
Die Luftverschmutzung durch Kohlekraftwerke ist in China so stark angestiegen, dass Ballungszentren inzwischen fast durchweg in eine dicke Smogschicht gehüllt sind. "Sich einen Tag lang in Peking aufzuhalten, ist mittlerweile ungefähr so schädlich wie 40 Zigaretten zu rauchen", berichtet der Klimaforscher. Die Folgen für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Einwohner seien verheerend. Die Akzeptanz der chinesischen Mittelschicht schwindet und die chinesische Regierung unternimmt große Anstrengungen in der Luftreinhaltung. Andererseits hat der Smog durch die Abschirmung der Sonnenstrahlen eine kühlende Wirkung von durchschnittlich etwa einem Grad. Das heißt, wenn China sofort alle Kohlekraftwerke abschalten würde, würden die Temperaturen über Land um ein Grad ansteigen. Dies könne, abgesehen von Hitzeproblemen in den Städten, noch ganz andere Folgen haben. Etwa für den Monsun, der von Temperaturunterschieden in den unterschiedlichen Luftmassen abhängig ist. Wenn sich die Temperaturunterschiede aufgrund der Erwärmung veränderten, könne dies das Monsunsystem stören, von dem die Menschen vor Ort und vor allem die Landwirtschaft baut abhängig sind. Das würde sich auch wirtschaftlich auswirken. Im Ergebnis entstehen unvorhersehbare Konsequenzen für die chinesische, aber auch für unsere Wirtschaft.
Dass eine Veränderung stattfinden müsse, sei längst klar. Bisher stünden wirtschaftliche Interessen den ökologischen entgegen. "Aber Umwelt und Wirtschaft müssen sich nicht ausschließen", betont Levermann.
In den letzten Jahren sind durch den Klimawandel verstärkt Naturkatastrophen mit fatalen Folgen aufgetreten. Die Summe der in den letzten 30 Jahren entstandenen Schäden beläuft sich auf 4,1 Billionen US-Dollar. Davon waren lediglich 1 Billion versichert, erklärt der Physiker vom PIK. Seiner Berechnung nach sei der Klimaschutz genau so teuer wie die durch den Klimawandel entstandenen Schäden, nur sei es sinnvoller in ersteres zu investieren.
"Physikalisch gesehen ist es noch nicht zu spät. Wir können das 2-Grad-Ziel noch erreichen", sagt Levermann zum Abschluss.
11/12/15
Autorin: Malaika Rivuzumwanmi
Auch im zweiten Teil des Pre-Briefings zur 21. Weltklimakonferenz „COP21“ in Paris werden konkrete Resultate gefordert. Von NGO-Seite werden die Ziele noch höher gesteckt.
Jennifer Morgan hat eine klare Meinung zum Thema Klimaschutz: "Für eine nachhaltige Entwicklung muss die Bekämpfung des Klimawandels im Zentrum der gesellschaftlichen und ökonomischen Transformation stehen. Nicht nur in Deutschland, sondern weltweit." Morgan ist Programmdirektorin für Klima und Energie des World Resources Institute in Washington D.C.. Ihre Aufgabe ist es, anderen Ländern Wege in Richtung Klimaschutz aufzuzeigen und sie dabei zu unterstützen. Sie findet deutliche Worte für die Erwartungen des World Resources Institutes. Ein Bewusstsein für ein gemeinsames Miteinander zu schaffen und den Weg aus der Krise zu finden gehe nur Hand in Hand. Ein hochgestecktes Ziel stellt sie direkt an den Anfang: Bis 2030 solle jährlich eine Billion US-Dollar in erneuerbare Energien investiert werden. Sie weist darauf hin, dass Kosten in den Bereichen Energie und Infrastruktur deutlich gesenkt werden müssen, damit dieses Vorhaben gelingt. Hierbei verweist sie auf die nötige Mithilfe der jeweiligen Regierungen, aber auch von Privatpersonen. Zudem verdeutlicht sie, dass die Weltgemeinschaft zwar ein gemeinsames Ziel verfolge, jedoch jede Nation einen individuellen Lösungsweg braucht, da mit unterschiedlichen Problematiken zu kämpfen ist. China und Afrika stehen hierbei im größten Kontrast. Während China mit einer gefährlich hohen Luftverschmutzung zu kämpfen hat, fehlt es afrikanischen Ländern an Zugängen zu Elektrizität und Infrastruktur. Es müsse ein größeres Bewusstsein für die Bedürfnisse der Entwicklungs- und Schwellenländer entwickelt werden, welche die Auswirkungen des Klimawandels als erste spüren, jedoch nicht die Möglichkeiten haben, um mit eigenen Mitteln Anpassungsstrategien und Schutzmaßnahmen umzusetzen.
Jennifer Morgan ist optimistisch, aber kritisch. "Paris ist der Anfang, jedoch nicht das Ziel", betont sie am Ende ihres Vortrags und geht noch einen Schritt weiter: "Nicht nur die Zwei-Grad-Grenze muss erreicht werden – 1,5 Grad sollten es sein."
11/12/15
Autorin: Malaika Rivuzumwanmi
Auf dem Pre-Briefing zur 21. Weltklimakonferenz in Paris wurde direkt zu Beginn deutlich, wie ernst die Vertreter aus Politik und Wirtschaft das Thema „Klimawandel“ nehmen. Und man ist sich sicher: Der erwartete Klimavertrag von Paris kann der Anfang einer Wende hin zum Klimaschutz sein.
Den Auftakt der Pre-Briefings machte Staatsministerin Maria Böhmer: "Das Jahr 2015 kann als das Jahr einer globalen Kehrtwende in die Geschichte eingehen!" Optimistisch und zielstrebig führt sie die Zuhörer in die Thematik ein. In 18 Tagen soll es soweit sein - in Paris soll das erste funktionierende und globale Klimaabkommen beschlossen werden. Es wird von Wandel, von internationaler Solidarität und neuen Denkmustern gesprochen. Doch auch Böhmer gibt zu, dass die Konsequenzen im Detail noch niemand absehen kann. "Die Entscheidungen in Paris werden Auswirkungen auf uns alle haben", betont Böhmer. Produktion, Konsum, Arbeitsplätze, Verkehr, Forschung und Innovation seien nur Teilbereiche, die umstrukturiert werden müssen. Im Kopf umdenken und alte Prozesse aufbrechen seien einige der schwersten Aufgaben. All dies sei natürlich nur mit einem gemeinsamen Weg möglich, und dieser solle in Paris bestimmt werden.
Eine positive Grundstimmung herrscht jedoch auch schon hier in Berlin. Das Scheitern von Kopenhagen scheint keine dunklen Wolken mehr über Paris zu legen. Damals wurden die Ziele nicht von den betroffenen Ländern selbst festgelegt, sondern es wurde versucht, sie top-down zu verankern. Nachdem die kritischen Stimmen lauter wurden, gab der dänische Ministerpräsident sogar die Konferenzleitung ab. Eine Wiederholung derartiger Misserfolge möchte niemand mehr. Durch die enge Zusammenarbeit mit der französischen Delegation, durch gemeinsame Projekte und weiterführende Gespräche, sei schon viel erreicht worden, so Böhmer.
Die französische Delegation wird am heutigen Tag von Bérangére Quincy, der französischen Sonderbotschafterin für die Verhandlungen der 21. Conference of the Parties (COP21), angeführt. Auch sie ist sich des großen internationalen Drucks bewusst. Die „Zwei-Grad-Grenze“ müsse unbedingt eingehalten werden, der Weg bis dahin sei jedoch noch lang. Sie betont, dass nicht mehr viel Zeit sei, die Entscheidung jetzt fallen und die Umsetzung sofort beginnen müsse. Besonders am Herzen liege ihr dabei die Unterstützung für Drittweltländer. Es müsse auch hier möglich sein, schon jetzt nachhaltige Entwicklungspfade einzuleiten.
Auch Rita Schwarzelühr-Sutter, Parlamentarische Staatssekretärin am Bundesumweltministerium, ist sich sicher: "Ich sehe einer Einigung sehr positiv entgegen und bin davon überzeugt, wir sind auf dem richtigen Weg!" Auch wenn in der anschließenden Diskussionsrunde kritische Fragen auftauchen, die Damen des Morgens blicken optimistisch in Richtung Paris.
11/12/15
Pre-Briefing zur Weltklimakonferenz
Journalismus in Echtzeit – Live-Berichterstattung vom Pre-Briefing zur 21. UNFCC-Klimakonferenz in Paris. Neben verschiedenen Blog-Beiträgen werden die Reporter am Donnerstag, den 12. November 2015 zwischen 08.00 und 14.00 Uhr live auf ihren Social Media-Kanälen aus Berlin berichten.
Sie möchten live und hautnah dabei sein? Dann ganz einfach die Hashtags #COP21Berlin und #klimaschutz beobachten oder unseren Redakteuren und Reportern persönlich folgen:
Jonas Schönfelder: @jonasschoen
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