Klima-FAQ 10.1 | Klimaänderungen

Das Klima ändert sich ständig. Wie ermitteln wir die Ursachen von beobachteten Änderungen?

Die Ursachen von beobachteten langzeitlichen Klimaänderungen (auf Zeitskalen von über einem Jahrzehnt) werden abgeschätzt, indem ermittelt wird, ob die erwarteten „Fingerabdrücke“ verschiedener Ursachen von Klimawandel in historischen Datensätzen vorhanden sind. Diese Fingerabdrücke werden aus Computermodellsimulationen der verschiedenen Klimawandelmuster abgeleitet, die durch einzelne Klimaantriebe verursacht werden. Auf Zeitskalen über mehrere Jahrzehnte gehören zu diesen Antrieben Prozesse wie Treibhausgasanstiege oder Änderungen der Sonnenhelligkeit. Indem wir die simulierten Fingerabdruckmuster mit beobachteten Klimaänderungen vergleichen, können wir feststellen, ob die beobachteten Änderungen am besten durch diese Fingerabdruckmuster erklärt werden oder durch natürliche Variabilität, die ohne jeden Antrieb auftritt.

Der Fingerabdruck menschengemachter Treibhausgasanstiege ist im Muster der beobachteten Klimaänderung des 20. Jahrhunderts deutlich erkennbar. Die beobachtete Änderung kann nicht anderweitig durch die in Klimamodellen simulierten Fingerabdrücke natürlicher Antriebe oder natürlicher Variabilität erklärt werden. Zuordnungsstudien unterstützen daher die Schlussfolgerung, dass „es äußerst wahrscheinlich ist, dass Aktivitäten des Menschen mehr als die Hälfte des beobachteten Anstiegs der mittleren globalen Erdoberflächentemperatur von 1951 bis 2010 verursacht haben“.

Das Klima der Erde ändert sich ständig, und das kann aus vielen Gründen geschehen. Um die Hauptursachen beobachteter Änderungen zu bestimmen, müssen wir zunächst feststellen, ob eine beobachtete Klimaänderung sich von anderen Schwankungen unterscheidet, die ohne jeden Antrieb auftreten. Klimavariabilität ohne Antriebsfaktor – interne Variabilität genannt – ist die Folge von Prozessen innerhalb des Klimasystems. Großskalige ozeanische Variabilität, wie z. B. Schwankungen durch El Niño-Southern Oscillation (ENSO) im Pazifik, stellt die dominante Quelle interner Klimavariabilität auf Zeitskalen von Jahrzehnten bis Jahrhunderten dar.

Klimawandel kann auch durch natürliche Antriebe außerhalb des Klimasystems wie beispielsweise Vulkanausbrüche oder Änderungen der Sonnenhelligkeit entstehen. Antriebe wie diese sind für die großen Klimaänderungen verantwortlich, die deutlich in geologischen Daten belegt sind. Zu den menschengemachten Antrieben gehören Treibhausgasemissionen oder die Verschmutzung der Atmosphäre mit Partikeln. Jeder dieser Antriebe, ob natürlich oder durch den Menschen verursacht, könnte sowohl die interne Variabilität beeinflussen als auch eine Änderung des durchschnittlichen Klimas bewirken. Zuordnungsstudien versuchen, die Ursachen einer nachgewiesenen Änderung des beobachteten Klimas zu bestimmen. Wir wissen, dass sich die mittlere globale Temperatur im Verlauf des letzten Jahrhunderts erhöht hat. Daher muss, wenn die beobachtete Änderung durch einen Antrieb ausgelöst wurde, der Hauptantrieb eine Erwärmung und keine Abkühlung hervorrufen.

Formale Zuordnungsstudien bezüglich des Klimawandels werden über kontrollierte Experimente mit Klimamodellen durchgeführt. Die durch das Modell simulierten Reaktionen auf bestimmte Klimaantriebe werden oft als die Fingerabdrücke dieser Antriebe bezeichnet. Ein Klimamodell muss die mit einzelnen Antrieben verbundenen Fingerabdruckmuster sowie die Muster natürlicher interner Variabilität ohne Antrieb zuverlässig simulieren, damit man eine aussagekräftige Bewertung der Klimawandelzuordnung erhält. Kein Modell kann alle Charakteristika des Klimas perfekt abbilden, aber viele detaillierte Studien zeigen, dass Simulationen mit den aktuellen Modellen tatsächlich ausreichend zuverlässig sind, um Zuordnungsuntersuchungen durchzuführen.

FAQ 10.1, Abbildung 1 zeigt Teil einer Fingerabdruckbewertung der globalen Temperaturänderung an der Erdoberfläche während des späten 20. Jahrhunderts. Die beobachtete Änderung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, dargestellt durch die schwarze Zeitreihe in den linken Tafeln, fällt größer aus als dies allein durch interne Variabilität zu erwarten gewesen wäre. Simulationen, die nur auf natürlichen Antrieben basieren (gelbe und blaue Linien in der oberen linken Tafel) reproduzieren die globale Erwärmung an der Erdoberfläche zu Ende des 20. Jahrhunderts nicht und erzeugen ein räumliches Änderungsmuster (oben rechts), das sich komplett vom beobachteten Änderungsmuster unterscheidet (Mitte rechts). Simulationen, die sowohl natürliche als auch menschengemachte Antriebe mit einschließen, liefern eine erheblich bessere Wiedergabe des zeitlichen Verlaufs (unten links) und der räumlichen Verteilungsmuster (unten rechts) der beobachteten Änderungen der Erdoberflächentemperatur.

Beide Tafeln auf der linken Seite zeigen, dass Computermodelle die natürlich verursachte Abkühlung an der Erdoberfläche reproduzieren, die für ein oder zwei Jahre nach großen Vulkaneruptionen beobachtet wird, wie sie zum Beispiel in den Jahren 1982 und 1991 auftraten. Simulationen mit natürlichem Antrieb erfassen die kurz andauernden Temperaturänderungen nach Eruptionen, aber nur die Simulationen, die natürliche und durch den Menschen verursachte Antriebe berücksichtigen, bilden den länger andauernden Erwärmungstrend ab.

Eine vollständigere Zuordnungsuntersuchung würde zusätzlich zu den in FAQ 10.1, Abbildung 1 gezeigten Ergebnissen bezüglich der Erdoberflächentemperaturen auch die Temperatur oberhalb der Erdoberfläche und möglicherweise andere Klimavariablen betrachten. Die Fingerabdruckmuster, die mit einzelnen Antrieben in Verbindung gebracht werden, werden einfacher zu differenzieren, wenn mehr Variablen in der Bewertung berücksichtigt werden.

Insgesamt zeigt FAQ 10.1, Abbildung 1, dass sich das Muster der beobachteten Temperaturänderung stark von dem Muster der Reaktion auf ausschließlich natürliche Antriebe unterscheidet. Die simulierte Reaktion auf alle Antriebe, einschließlich der menschengemachten, liefert eine gute Übereinstimmung mit den beobachteten Änderungen an der Erdoberfläche. Wir können den beobachteten Klimawandel aus jüngster Zeit nicht korrekt simulieren, ohne die Reaktion auf menschengemachte Antriebe, einschließlich der Treibhausgase, stratosphärischen Ozons und von Aerosolen, mit einzubeziehen. Natürliche Änderungsursachen wirken immer noch im Klimasystem, aber die Temperaturtrends aus jüngster Zeit sind größtenteils auf menschengemachten Antrieb zurückzuführen.

FAQ 10.1, Abbildung 1 | Quelle: IPCC 2014

FAQ 10.1, Abbildung 1 | (Links) Zeitreihen der globalen und jährlich gemittelten Änderungen der Erdoberflächentemperatur von 1860 bis 2010. Die obere linke Tafel zeigt die Ergebnisse zweier Ensembles von Klimamodellen, die nur natürliche Antriebe verwendeten (dünne blaue und gelbe Linien). Die Mittelwerte der Temperaturänderungen im Ensemble sind durch dicke blaue und rote Linien dargestellt. Drei unterschiedliche Beobachtungsreihen sind als schwarze Linien dargestellt. Die untere linke Tafel zeigt Simulationen mit denselben Modellen, allerdings sowohl durch natürlichen Antrieb als auch durch menschengemachte Änderungen von Treibhausgasen und Aerosolen angetrieben. (Rechts) Räumliche Muster von Trends der lokalen Erdoberflächentemperatur von 1951 bis 2010. Die obere Tafel zeigt das Trendmuster aus einem umfangreichen Ensemble von Simulationen aus dem „Gekoppelten Modellvergleichsprojekt Phase 5“ (Coupled Model Intercomparison Project Phase 5, CMIP5) nur mit natürlichen Antrieben. Die untere Tafel zeigt die Trends aus einem entsprechenden Ensemble von Simulationen, die mit natürlichen und menschengemachten Antrieben durchgeführt wurden. Die mittlere Tafel zeigt das Muster der beobachteten Trends im Datensatz des britischen Hadley Centres zur Oberflächentemperatur, Version 4 (Hadley Centers/Climatic Research Unit gridded surface temperature data set 4, HadCRUT4) in diesem Zeitraum.

 

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Diese deutsche Übersetzung sollte zitiert werden als:

IPCC 2014: Klimaänderung 2013: Naturwissenschaftliche Grundlagen. Häufig gestellte Fragen und Antworten – Teil des Beitrags der Arbeitsgruppe I zum Fünften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) [T.F. Stocker, D. Qin, G.-K. Plattner, M. Tignor, S.K. Allen, J. Boschung, A. Nauels, Y. Xia, V. Bex und P.M. Midgley (Hrsg.)]. Deutsche Übersetzung durch die deutsche IPCC-Koordinierungsstelle und Klimabüro für Polargebiete und Meeresspiegelanstieg, Bonn, 2017.

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