Die Klimakonferenz in Bonn sendet auch eine Botschaft nach Berlin, wo jetzt die Parteien über die Bildung einer neuen Bundesregierung verhandeln – das erklärten am Donnerstag führende Forscher, die im Deutschen Klima-Konsortium (DKK) zusammengeschlossen sind. Die Auswirkungen des Klimawandels seien bereits heute spürbar, Deutschland solle zur Verringerung der Treibhausgase den Ausstieg aus der Kohleverstromung beginnen, heißt es in einer von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern veröffentlichten gemeinsamen Erklärung.
„Mit stabilisiertem Klima kann es auch mehr Stabilität in der Welt geben“, heißt es in der Stellungnahme des Wissenschaftsverbandes DKK. „Wetterextreme und Meeresspiegelanstieg bedrohen Menschenleben, Natur sowie Hab und Gut. Risiken für weltweite Lieferketten oder zunehmende Migration sind weitere Folgen. Das trifft auch Deutschland. Klimaschutz ist Teil einer präventiven Politik für Stabilität und Sicherheit. Damit die weltweite Klimastabilisierung gelingt, wie im Pariser Klimaabkommen vereinbart, braucht es nationale Vorbilder wie Deutschland, das sich große Verdienste beim Voranbringen des Klimaschutzes erworben hat – und umfassende Klimaforschung. Klimaschutz sichert Deutschlands Rolle als technologischer Vorreiter und Exportnation.“
Kohleausstieg beginnen
In Deutschland sind die Emissionen in den vergangenen acht Jahren nicht gesunken – trotz des Ausbaus der Erneuerbaren Energien, die 2016 schon 29 Prozent am Strommix ausmachten. „Ohne Kohleausstieg wird Deutschland das Klimaziel 2020 drastisch verfehlen – voraussichtlich werden die Treibhausgasemissionen nur um 32 statt um die versprochenen 40 Prozent verringert. Die verantwortlichen Politiker müssen die kommende Legislaturperiode nutzen, um nachzusteuern. Der Kohleausstieg ist dafür der erste notwendige Schritt“, sagte Mojib Latif bei der öffentlichen Vorstellung der Stellungnahme in Berlin. Er ist Vorstandsvorsitzender des Deutschen Klima-Konsortiums und forscht am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. Latif weiter: „Ohne eine weltweite Abkehr von der Kohleverstromung kann das Ziel des Pariser Übereinkommens, die Erderwärmung auf unter zwei Grad zu begrenzen, nicht eingehalten werden.“
Mit stabilisiertem Klima kann es auch mehr Stabilität in der Welt geben
Schon die heutige Erderwärmung um bereits ein Grad globale Mitteltemperatur hat auf der ganzen Erde spürbare Auswirkungen. „Wetterextreme nehmen zu und treffen auch uns in Deutschland, etwa Starkregen“, sagte Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. „Gerade in ärmeren Ländern aber können Dürren, Fluten oder Wirbelstürme ganze Folgenkaskaden auslösen, wie die Forschung zeigt. In Puerto Rico zum Beispiel hat einer der verheerenden Hurrikane dieses Herbstes innerhalb von Stunden die wirtschaftliche Entwicklung von Jahren zunichte gemacht, auch die Gesundheitsversorgung dort wurde heftig getroffen. Solche Extremereignisse lassen natürlich auch Migration zunehmen. Die Koalitionsverhandler in Berlin haben es in der Hand, ob sie dem Klimachaos noch weiter die Tür öffnen – oder für Deutschland und die Welt Stabilität sichern.“
Meeresspiegelanstieg bedroht die Fidschi-Inseln
Mit der Republik Fidschi hat erstmals ein kleiner Inselstaat die Präsidentschaft des Weltklimagipfels inne. Damit rücken die Anliegen und Bedürfnisse der besonders verletzlichen und wenig entwickelten Staaten in den Fokus. „Inselstaaten wie die Republik Fidschi sind besonders vom Meeresspiegelanstieg betroffen, da sie sehr flach im Pazifik liegen. Zusätzlich steigen in dieser Region die Pegel seit Beginn der Satellitenmessungen 1992 doppelt so schnell wie im globalen Durchschnitt“, sagte Monika Rhein, Ozeanografin an der Universität Bremen. „Der Meeresspiegel wird weiter ansteigen und bedroht auch viele große Küstenstädte. Wir können aber durch eine nachhaltige Klimapolitik steuern, wie stark der Anstieg ausfallen wird.“
Den CO2-Preis als Beschleuniger der Energiewende nutzen
Das Ziel von Paris ist nur zu erreichen, wenn die weltweiten Energiesysteme konsequent umgebaut werden. „Neben einem freien Markt braucht es neue gesetzliche und wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen. Sie können Unternehmen und Verbrauchern die nötigen Anreize bieten, damit sie ihren Energie- und Ressourcenverbrauch möglichst schnell reduzieren. Das zentrale Element, das Ökonomen schon lange fordern, ist ein Preis für die Emissionen von Treibhausgasen, allgemein als CO2-Preis bekannt. Ein solcher Preis ist der dringend benötigte Beschleuniger der Energiewende in Deutschland und weltweit. Auch ohne ihn ist die Energiewende bereits auf dem Weg, aber sie ist viel zu langsam“, sagte Gernot Klepper, Klimaökonom am Institut für Weltwirtschaft in Kiel.
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