Pegelmessungen und Satellitendaten zeigen keinen linear verlaufenden Meeresspiegelanstieg, sondern vielmehr eine Beschleunigung des Anstiegs (Church/White 2011, Nerem et al. 2018). Die Ursachen des Anstiegs sind von der Forschung gut verstanden: die Gletscherschmelze, der Masseverlust der Eisschilde auf Grönland und in der Antarktis sowie die thermische Ausdehnung des Meerwassers infolge der Erwärmung (IPCC SROCC, 2019, SPM.A3). Zusammen erklären diese unabhängig voneinander bestimmten Beiträge den gemessenen Anstieg der Meeresspiegel. Bei diesem handelt es sich keineswegs um einen „Restanstieg” seit dem Ende der letzten Eiszeit. In den zweitausend Jahren vor der Industrialisierung war der global gemittelte Meeresspiegel durchweg stabil. Die Beobachtungen und Messungen belegen hingegen einen durch die aktuelle Erderwärmung verursachten Anstieg, der bereits heute an manchen Küsten erhebliche Probleme bereitet.
Der Anstieg des Meeresspiegels um 120 Meter nach der letzten Eiszeit war eine Reaktion auf den damaligen globalen Temperaturanstieg (aufgrund natürlicher Variationen, etwa der Erdbahnzyklen) um 4 bis 5 Grad. Dieser hat zum Verlust von zwei Dritteln der eiszeitlichen Kontinental-Eismassen geführt. Heute gibt es auf der Erde noch genug Kontinentaleis, dessen Schmelzen den globalen Meeresspiegel langfristig um 65 Meter anheben würde. Selbst einen kleinen Teil dieses Eises zu verlieren, wäre eine Katastrophe für die Menschheit. Dieser Eisverlust hat bereits begonnen und beschleunigt sich (siehe dazu z.B. diesen Faktencheck). Dass es im weltweiten Durchschnitt bislang erst rund 20 Zentimeter Meeresspiegelanstieg in etwa 100 Jahren gegeben hat, liegt an der sehr trägen Reaktion von Ozeanen und Eismassen, die erst zeitverzögert auf den menschengemachten Temperaturanstieg reagieren. Die Trägheit dieser Systeme bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass der Meeresspiegel selbst bei einem theoretischen sofortigen Stopp aller Emissionen über mehrere Jahrhunderte weiter steigen wird.
In den kommenden Jahrhunderten sind mehrere Meter Meeresspiegelanstieg zu erwarten. Was wir allerdings beeinflussen können und sollten, ist, wie stark der Meeresspiegelanstieg in den kommenden Jahrhunderten sein wird. Je später die Menschheit ihren Ausstoß an Treibhausgasen senkt, desto stärker steigen langfristig die Meere. Laut einer Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (Mengel et al. 2018) führt jede Verzögerung des Emissionshöhepunkts um weitere fünf Jahre zu 20 Zentimetern zusätzlichem Meeresspiegelanstieg bis 2300 (siehe diese deutschsprachige Presseerklärung und Infografik).
Weitere Informationen zum Thema finden sich in der Broschüre “Zukunft der Meeresspiegel”, herausgegeben vom DKK und dem Konsortium Deutsche Meeresforschung, Dezember 2019.
Vier Organisationen der Klimaforschung haben diese Faktensammlung gemeinsam erstellt, um wissenschaftlich fundierte und einfach verständliche Informationen zu aktuellen Klimawandel-Debatten zu bieten.