30 Jahre nach Gründung des Weltklimarats IPCC dreht sich die klimapolitische Debatte um eine kritische Zahl: 1,5 Grad Celsius Erderwärmung. Professor Hans-Otto Pörtner ist Meeresbiologe am Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven und einer der beiden Ko-Vorsitzenden der IPCC-Arbeitsgruppe II. Er berichtet von der Arbeit für die Reports zum Stand der Klimaforschung.
Ein Editorial von Prof. Hans-Otto Pörtner, IPCC
Im Übereinkommen von Paris erklärten die Mitglieder der Vereinten Nationen im Dezember 2015 ihr Bestreben, „den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 Grad Celsius, wenn möglich 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu beschränken.“
Mit der 1,5-Grad-Grenze wird die Absicht der Vereinten Nationen zahlenmäßig greifbar, eine „gefährliche vom Menschen verursachte Störung des Klimasystems zu verhindern“. Doch was genau ist „gefährlich“?
Seit 30 Jahren unterstützt der Weltklimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) politische Entscheidungsträger durch seine unabhängigen wissenschaftlichen Auswertungen dabei, Risikogrenzen des Klimawandels zu definieren und Maßnahmen für eine Minderung und Anpassung zu erarbeiten.
Die UN-Klimarahmenkonvention lud den IPCC ein, einen Sonderbericht zur Erderwärmung von 1,5 Grad Celsius zu erstellen. Er wird im Oktober 2018 fertiggestellt. Autorinnen und Autoren aus aller Welt arbeiten dafür disziplinübergreifend und über die drei IPCC-Arbeitsgruppen hinweg zusammen. Alle drei Arbeitsgruppen des IPCC und ihre Ko-Vorsitzenden waren an der Erstellung dieses Berichtes beteiligt. Mich als Vertreter der Arbeitsgruppe II beschäftigten dabei die Folgen des Klimawandels für die Ökosysteme und menschliche Gesellschaften.
Schon jetzt liegt die durchschnittliche Temperatur auf der Erde etwa ein Grad Celsius über dem vorindustriellen Wert. Zudem führt die Erwärmung zu einer Ausdehnung der Wassermassen und treibt das Abschmelzen von Gletschern und Eiskappen voran – der Meeresspiegel steigt. Erwärmung verändert regional das Wetter, bis hin zu zunehmender Intensität von Dürren, Hitzewellen und Stürmen. Die Auswirkungen zeigen sich auf allen Kontinenten und in allen Weltmeeren.
Durch Eintrag atmosphärischen Kohlendioxids kommt zur Erwärmung und zum Meeresspiegelanstieg noch Ozeanversauerung hinzu. Die Erwärmung und verstärkte Schichtung des Wasserkörpers verursacht und verstärkt auch den Verlust von Sauerstoff. Während diese klimabedingten Veränderungen global auch zu einer Umverteilung der Nährstoffe führen, belastet der küstennahe Nährstoffeintrag, Verschmutzung oder Überfischung die Ökosysteme zusätzlich. Ein markantes Beispiel für die gravierenden Veränderungen sind die Warmwasserkorallenriffe. Bisherige Forschungsergebnisse legen nahe, dass wir nur einen geringeren Teil dieser einzigartigen Lebensräume bewahren können – besonders dann, wenn die Temperaturen nicht über 1,5 Grad Celsius ansteigen und andere Belastungen reduziert werden.
Wie die Korallenriffe tragen auch viele andere marine Ökosysteme dazu bei, dass wir Menschen gut auf diesem Planeten leben können. Sie liefern Nahrung und Rohstoffe, tragen zur Regulierung unseres Klimas bei, liefern Raum für Inspiration und Erholung. Ihre Artenvielfalt ist Grundlage für all diese wichtigen Funktionen.
Die Veröffentlichung des Sonderberichts „1,5 °C globale Erwärmung“ im IPCC-Jubiläumsjahr weist Entscheidungsträgern Wege in eine klimafreundliche, nachhaltige Zukunft.
Weitere Sonderberichte wie „Ozeane und Eisgebiete in einem sich wandelnden Klima“, den das am Alfred-Wegener-Institut beheimatete IPCC-Büro in Bremen unterstützt, „Klimawandel und Land“ sowie die Hauptberichte der drei Arbeitsgruppen im sechsten Berichtszyklus unterstützen die weitere politische und gesellschaftliche Entscheidungsfindung. Der Synthesebericht des sechsten Berichtszyklus wird schließlich rechtzeitig zur ersten „globalen Bestandsaufnahme“ im Jahr 2023 vorliegen, bei dem die Staaten, die das Übereinkommen von Paris ratifiziert haben, ihre Fortschritte bei der Umsetzung des Abkommens bilanzieren
14. Juni 2018
Bildnachweis: Prof. Dr. Hans-Otto Pörtner © Kerstin Rolfes, Alfred-Wegener-Institut
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