Briefing zur 28. UN-Klimakonferenz

Globale Energiewende jetzt!

Zum diesjährigen Briefing zur 28. UN-Klimakonferenz (COP 28) haben das Auswärtige Amt, das Deutsche Klima-Konsortium (DKK) und erstmals auch die Stiftung KlimaWirtschaft (SKW) eingeladen. Bis zu 400 Gäste aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft waren am 15. November in den Weltsaal des Auswärtigen Amts gekommen, um sich auf die COP 28 vorzubereiten. Die Konferenz wird zwischen dem 30. November und dem 12. Dezember in Dubai, Vereinigten Arabischen Emirate, stattfinden. Die Teilnehmenden des Briefings sind sich einig, dass eine beschleunigte globale Energiewende dringend von Nöten ist. Trotz der angespannten politischen Lage schauen viele mit Zuversicht auf die kommende Konferenz. Durch das Briefing führte die erfahrene Moderatorin Katie Gallus. 

Außenministerin Baerbock: Mut zum Multilateralismus - auch in düsteren Zeiten

Nach einer kurzen Einführung des Briefings durch DKK-Geschäftsführerin Marie-Luise Beck und SKW-Vorständin Sabine Nallinger hielt Bundesaußenministerin Annalena Baerbock eine fast 25-minütige Grundsatzrede.

Die Ministerin betonte die Wichtigkeit der globalen Bestandsaufnahme („Global Stocktake“) der diesjährigen Weltklimakonferenz. Dieser „Klima-TÜV“ zeigt, wo die Weltgemeinschaft mit Blick auf die Pariser Klimaziele steht und an welchen Stellen sie nachschärfen muss. Sie nannte konkrete Ziele für die kommende Konferenz: Es müsse formell beschlossen werden, den Ausbau Erneuerbarer Energien bis 2030 global mindestens zu verdreifachen sowie die Verbesserungsrate für die Energieeffizienz zu verdoppeln. Denn Erneuerbare Energien seien im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Interesse. Sie sind kosteneffizienter, dezentraler, unabhängiger von Weltpreisen und schaffen weltweit Jobs, so Baerbock.

Ein weiterer Punkt, der für Baerbock mit Blick auf die COP zentral ist: Solidarität mit jenen Ländern, die in dieser Krise am verletzbarsten sind. Eine wichtige Bedeutung haben an dieser Stelle Klimapartnerschaften wie mit Südafrika oder Indonesien („Just Energy Transition Partnerships“), die eine sozial gerechte Energiewende fördern und durch Deutschland während der G7-Präsidentschaft vorangetrieben wurden. Mit Blick auf das Versprechen der Industrieländer, 100 Milliarden für die Klimafinanzierung zu mobilisieren, ist Baerbock zuversichtlich, dass dieses „Versprechen dieses Jahr endlich erfüllt wird.“ Ein weiteres Instrument der Solidarität und Klimagerechtigkeit ist der Fonds für Schäden und Verluste. Bei der COP 28 geht es nun darum, so Baerbock, diesen mit einzurichten und finanziell auszustatten.

Mit Blick auf die angespannte geopolitische Lage, insbesondere ausgelöst durch die Krise im Nahen Osten, sei diese COP so entscheidend wie die COP im Jahr 2015. Eine „Klima-Kurskorrektur“ mit rund 190 Staaten sei angesichts dieser Spannungen besonders schwierig. Baerbock versprach dennoch, sich mutig und mit aller Kraft dafür einzusetzen, dass Multilateralismus auch in diesen düsteren Zeiten funktionieren kann.

Briefing zur COP28 © DKK, Stephan Roehl
Briefing zur COP28 © DKK, Stephan Roehl
Briefing zur COP28 © DKK, Stephan Roehl

Vorausschauend und partnerschaftlich handeln

Es folgte ein digitales Interview mit Jim Skea, Chef des Weltklimarates und Professor für nachhaltige Energie am Imperial College London. Skea betonte den unbedingt notwendigen Ausbau Erneuerbarer Energien und die dafür benötigte Bereitstellung von Infrastruktur. Allgemein befürwortet Skea eine positive klimapolitische Kommunikation, die zum Handeln motiviert: Statt nur die großen Herausforderungen im Blick zu haben, sollten auch die zahlreichen Erfolgsgeschichten ihre Aufmerksamkeit bekommen.

Es folgte die Diskussion zum Thema „Globale Energiewende und Ausstieg aus Fossilen beschleunigen“. Christoph Bals, Geschäftsführer von Germanwatch, betonte, dass es nun keine Zeit für klimapolitische nationale Alleingänge sei, stattdessen müsse Klimapolitik partnerschaftlich gestaltet werden. Es sei dabei wichtig, die Anliegen und Forderungen der jungen Generation ernst zu nehmen. Darüber hinaus sei die Nutzung fossiler Energien in Kombination mit Carbon Capture and Storage (CCS) der falsche Weg. Jennifer Morgan, Staatssekretärin und Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik im Auswärtigen Amt, unterstrich die Bedeutsamkeit von Klima- und Energiepartnerschaften mit Entwicklungs- und Schwellenländern. Die Partnerschaften müssen ambitioniert und vor allem fair umgesetzt werden. Bezüglich der Rolle von Wasserstoff betonte Morgen, dass hierfür bisher eine angemessene Infrastruktur fehlt. Hier müsse der Staat eine Starthilfe leisten; dem stimmte Gunnar Groebler, Vorstandsvorsitzender der Salzgitter AG, zu. Groebler betonte außerdem, dass für seinen CO2-armen Stahl ab dem Jahr 2026 schon jetzt zahlreiche Abnehmer Schlange stehen. Der Bedarf an „grünen“ Produkten steige derzeit immens. Die Industrie Europas benötige nun klare politische Rahmenbedingungen, um eine Vorreiterrolle für die Transformation einzunehmen. Groebler betonte auch die zentrale Rolle der nächsten Generation für eine gelingende industrielle Umstrukturierung: der Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften in vielen, zum Teil ganz neuen Berufsfeldern, sei riesig.

Briefing zur COP28 © DKK, Stephan Roehl
Briefing zur COP28 © DKK, Stephan Roehl
Briefing zur COP28 © DKK, Stephan Roehl

Thementische ermöglichen Partizipation der Gäste

Während der Pause hatten die Gäste erstmals die Gelegenheit, an Dialog-Runden zu vier aktuellen Themen teilzunehmen: Wasserstoff, CO2-Speicherung, Klimafinanzierung und Klimaanpassung. Pro Thementisch gab es neben einer Moderation zwei Expert:innen aus Wissenschaft und Wirtschaft, die einen kurzen Input gaben und den Gästen für Fragen zur Verfügung standen. Die Thementische waren sehr gut besucht und die Moderierenden berichteten von einem hohen Interesse und einem regen Austausch.

Briefing zur COP28 © DKK, Stephan Roehl
Briefing zur COP28 © DKK, Stephan Roehl

Hohe Dringlichkeit zum Handeln

Nach der Pause stieg Professor Niklas Höhne, Gründer des New Climate Institute und Professor der Universität Wageningen, tiefer in das Thema der globalen Bestandsaufnahme („Global Stocktake“) ein. Mit einem eher ernüchternden Blick stellte er fest, dass die Weltgemeinschaft von ihren selbst gewählten Zielen noch weit entfernt sind. Es werde derzeit weltweit zu wenig unternommen, sei es in der Emissionsminderung, der Klimaanpassung oder der Klimafinanzierung. Es gebe daher eine hohe Dringlichkeit zum Handeln. Ein Kurswechsel gelinge nur mit Visionen und klaren Zielen wie dem raschen Ausstieg aus fossilen Energien.

Diese Einschätzung teilte auch Angela Oels, Professorin der Universität Augsburg und DKK-Vorstandsmitglied. Oels thematisierte darüber hinaus die noch fehlende Umsetzung des auf der COP 27 angekündigten Fonds für Schäden und Verluste. Noch sei kein Geld geflossen, wodurch Vertrauen verloren gegangen ist. Dabei ließen sich unterschiedliche Perspektiven auf den Fonds beobachten: Während der Globale Norden den Fonds als eine Form der Großzügigkeit empfand, betrachten ihn Länder des Globalen Südens als aufzubringende Schulden der Verursacher. Nun sei insbesondere die Frage zu klären, welche Staaten in den Fonds einzahlen und welche Unterstützung erhalten.

Briefing zur COP28 © DKK, Stephan Roehl
Briefing zur COP28 © DKK, Stephan Roehl
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Botschafter (VAE) Ahmed Alattar erwartet „inklusivste COP aller Zeiten“

Im nachfolgenden Gespräch mit dem Botschafter der Vereinigten Arabischen Emirate in Deutschland, S.E. Ahmed Alattar machte der Diplomat deutlich, dass Dubai zu Vereinbarungen kommen will, die zu konkreten Emissionsminderungen führen und die Energiewende vorantreiben. Auch die Umsetzung des Fonds für Schäden und Verluste sei ein wichtiges Ziel. Alattar betonte, dass – anders als oft angenommen – Länder wie die Vereinigten Arabischen Emirate beim Ausbau Erneuerbarer Energien zügig vorankommen. Im Gespräch wurde dabei nicht deutlich, in welchem Ausmaß die Vereinigten Arabischen Emirate zum Ausstieg aus fossilen Energien beitragen möchten. Der Botschafter war sich sicher, dass die Konferenz in Dubai auch für kritische Stimmen zivilgesellschaftlicher Gruppen zugänglich sein wird. Dazu gehören Vertreter:innen der jungen Generation, indigene Gruppen sowie Nichtregierungsorganisationen. Er erwarte die „inklusivste COP aller Zeiten“ – ein Versprechen, dessen Einhaltung sich in der Konferenz erweisen muss.

Briefing zur COP28 © DKK, Stephan Roehl
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Abschlusspanel: Erwartungen des „Team Deutschlands“ an die COP

Im Abschlusspanel erläuterten die Staatsekretär:innen des Auswärtigen Amts (AA), des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (vertreten durch Unterabteilungsleiterin; siehe unten), des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sowie des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) – genannt das klimapolitische „Team Deutschland“ – ihre Ziele für die kommende Konferenz. Dazu gehört insbesondere den Ausbau Erneuerbarer Energien zu verdreifachen und den Ausstieg aus fossilen Energien weiter voranzutreiben. Eine wichtige Rolle spiele auch die Umlenkung von Finanzströmen, unter anderem durch eine Reform von Institutionen wie der Weltbank. Von entscheidender Bedeutung sei ebenfalls der Schutz von Ökosystemen und die Stabilisierung natürlicher Senken.

Staatssekretärin Jennifer Morgan betonte nochmals, wie wichtig es sei, Partnerschaften in beiderseitigem Interesse zu gestalten und Mittel gezielt einzusetzen, um keinen „grünen Kolonialismus“ zu fördern. Dies gelinge beispielsweise im Rahmen der partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit Namibia im Bereich Wasserstoff, durch die der lokale Arbeitsmarkt Namibias gestärkt wird. BMZ-Staatssekretär Jochen Flasbarth erklärte, dass CCS im Energiesektor kein „Business-Case“ sei, da der Ausbau Erneuerbarer Energien deutlich kosteneffizienter ist. Dr. Vera Rodenhoff, Unterabteilungsleiterin für internationalen Klimaschutz im BMWK (in Vertretung der Staatssekretärin Anja Hajduk), lobte nochmals die gute Zusammenarbeit des „Team Deutschlands”: Mitarbeitende der Ministerien seien auf unterschiedlichen Ebenen im engen Austausch. BMUV-Staatssekretär Stefan Tidow zeigte sich zuversichtlich, dass das 1,5-Grad-Ziel mit gewisser politischer Anstrengung noch zu erreichen sei. Dem schlossen sich die Kolleg:innen der anderen Ministerien an.

Briefing zur COP28 © DKK, Stephan Roehl
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Bildernachweis: DKK, S. Röhl


15.11.2023

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