DKK-Jahrestagung

Die Ergebnisse des Pariser Klimagipfels und die Konsequenzen für die Forschung

DKK-Jahrestagung 2016

Erstmals hat das DKK seine jährliche Mitgliederversammlung mit einer Jahrestagung verbunden, zu der auch Nichtmitglieder aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft eingeladen waren. Nach der Annahme des neuen UN-Klimavertrags durch 196 Staaten in Paris im Dezember 2015, die vielfach als „historisch“ bezeichnet wurde und die eine weltweite klimapolitische Kursänderung einleiten könnte, standen eine Bewertung des Pariser Abkommens und der sich daraus ergebenden Herausforderungen für (neue) Forschungsgebiete im Vordergrund der Tagung.

Der Einladung folgten am 28. April zahlreiche Rednerinnen, Redner und Diskutanten in die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, um sich über die Anforderungen auszutauschen, die das Abkommen an die unterschiedlichen Akteure der internationalen Gemeinschaft – darunter auch die Wissenschaft – stellt.

Bei ihrer Einführung erinnerten Prof. Dr. Mojib Latif, DKK-Vorstandsvorsitzender, und Marie-Luise Beck, DKK-Geschäftsführerin, an das im Vorjahr veröffentlichte DKK-Positionspapier zu den Perspektiven der Klimaforschung. Darin sind drei zentrale Themenfelder für die gesellschaftsrelevante Forschung bis 2025 identifiziert:

  • 1. Die weitere Erforschung des Klimasystems, denn trotz enormer Fortschritte gibt es immer noch erhebliche Wissenslücken;
  • 2. der Umgang mit Klimarisiken, die durch die Folgen des Klimawandels entstehen und die genauer identifiziert, besser charakterisiert und – wo möglich – in Bezug auf Wahrscheinlichkeit und Schadensausmaß quantifiziert werden müssen und
  • 3. die unterschiedlichen Rollen der Klimaforschung in einer demokratischen Gesellschaft und ihre Möglichkeiten, sich an den zentralen Fragen einer gesellschaftlichen Transformation zu beteiligen.

Mojib Latif und Marie-Luise Beck forderten die rund 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmer dazu auf, die Ergebnisse der Pariser Klimakonferenz vor dem Hintergrund dieser Themenfelder zu diskutieren. Seine erste Frage richtete Mojib Latif an die Politik: „Wie verbindlich ist das Pariser Abkommen und warum ist die Dekarbonisierung darin nicht festgeschrieben?“

Herausforderungen und nächste Schritte

Dr. Karsten Sach, Abteilungsleiter Klimaschutz Europa und Internationales des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktor­sicherheit, bedankte sich ausdrücklich bei den Klimawissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern für ihre jahrzehntelange Forschungsarbeit, die wesentlich zu dem Erfolg des Pariser Klimavertrags beigetragen habe. Nach der großen Feier rund um die Unterzeichnung des Abkommens folge nun die „harte Kärrnerarbeit“: konkrete nächste Schritte in Wirtschaft und Politik. Von der Forschung wünsche sich die Politik mehr Modelle zum 1,5-Grad-Ziel, spezifischere Umsetzungsstrategien für die nationalen Minderungsziele (kurz: INDCs) und eine kritisch-konstruktive Begleitung.

An der Podiumsdiskussion über die Rolle von Politik und Wirtschaft beteiligten sich neben Dr. Karsten Sach auch Bärbel Höhn, MdB von Bündnis 90/Die Grünen und Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Dr. Monika Griefahn, Direktorin Nachhaltigkeit bei AIDA Cruises, Dr. Carsten Rolle, Abteilungsleiter Energie- und Klimapolitik des Bundesverbandes der Deutschen Industrie e. V. (BDI), und Heiko Rosenthal, Bürgermeister der Stadt Leipzig. Moderiert vom Journalisten Dr. Fritz Vorholz wurde dabei offen und kontrovers über Chancen und Hindernisse einer Transformation in eine kohlenstoffarme Welt gesprochen.

Unterstützung aus der deutschen Klimaforschung

Welche Unterstützung aus der deutschen Klimaforschung ist nötig und möglich? Dieser Frage widmete sich Vera Stercken, Referentin „Globaler Wandel“ im Bundesministerium für Bildung und Forschung. Sie beschrieb den wachsenden Bedarf an sozioökonomischen und integrierten Forschungsansätzen und forderte das DKK auf, sich dafür ebenfalls stark zu machen.

Anschließend stellte Prof. Dr. Hans-Otto Pörtner, Ko-Vorsitzender der IPCC-Arbeitsgruppe II (Folgen, Anpassung und Verletzlichkeit), die Auswirkungen der Erderwärmung auf die Ozeane im Hinblick auf die Pariser Klimaziele dar. Dort haben sich die Staaten auf das Ziel geeinigt, die Erd­erwärmung auf "deutlich unter" zwei Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu beschränken. Zudem sollen Anstrengungen unternommen werden, den Temperaturanstieg bereits bei 1,5 Grad zu stoppen. Hans-Otto Pörtner, der auch Leiter der Sektion "Integrative Ökophysiologie" am Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung ist, hob hervor, dass es gerade für die Ozeane sehr wichtig sei, die Klimaziele genauer zu analysieren und zu diskutieren. Auf Wunsch der Staaten der UN-Klimarahmenkonvention erarbeitet der Weltklimarat IPCC nun einen Sonderbericht, der den wissenschaftlichen Sachstand um 1,5 Grad Erwärmung zusammenfasst. Dieser soll bis 2018 vorliegen.  

Wie lassen sich die Klimaziele erreichen?

Dem Pariser Klimaabkommen zufolge soll in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts eine Balance zwischen dem anthropogenen Ausstoß von Treibhausgasen und den Senken hergestellt werden. Das heißt: Große Mengen an Treibhausgasen müssten der Atmosphäre ab 2050 entzogen werden, etwa durch Kohlenstoffspeicherung. Wie realistisch diese Vorhaben sind und welche Bedingungen dafür gegeben sein müssten, diskutieren Wissenschaftler aus unterschiedlichen Perspektiven.

Prof. Dr. Jochem Marotzke, stellvertretender DKK-Vorsitzender und Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie, referierte aus Sicht der Naturwissenschaften zu den Temperaturzielen.  

Die notwendigen nächsten Schritte aus Sicht der Ökonomie stellte Prof. Dr. Gernot Klepper, stellvertretender DKK-Vorsitzender und Leiter des Forschungsbereichs Umwelt und Ressourcen am Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel, dar.   

Dr. Sabine Fuss, Leiterin der Arbeitsgruppe Nachhaltiges Ressourcenmanagement und globaler Wandel am Mercator Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) sprach über Voraussetzungen und Rahmenbedingungen zum Erzielen negativer Emissionen.

Die Möglichkeiten und Grenzen der geologischen CO2-Speicherung schilderte Dr. Axel Liebscher, Leiter der Sektion Geologische Speicherung am Deutschen GeoForschungsZentrum, Potsdam.

Am Beispiel China zeigte Prof. Dr. Anita Engels, Sprecherin des Exzellenzclusters „Climate System Analysis and Prediction (CliSAP)" der Universität Hamburg, welche Rolle die Sozialwissenschaften bei der Beratung von Politik und Gesellschaft einnehmen können.

Messen und Verifizieren: Wie können Länderemissionen überwacht werden?

Das Klimaabkommen basiert im Wesentlichen auf Selbstverpflichtungen der einzelnen Staaten. Aber wie wird kontrolliert, ob sie eingehalten werden? Welche Möglichkeiten des Messens und der Überprüfung bestehen und welche werden entwickelt?

Prof. Dr. Martin Heimann, Direktor am Max-Planck-Institut für Biogeochemie, stellte die Überwachung nationaler Treibhausgasbilan­zen mit Hilfe von In-situ-Messungen und Fernerkundung vor. Über den Status und die Perspektiven der Fernerkundung von Treibhausgasen sprach anschließend Dr. Heinrich Bovensmann vom Institut für Umweltphysik der Uni­versität Bremen.

Unterstützung durch Klimadienste

Über das Angebot an Klimadiensten des Bundes und deren Aufgaben berichteten Petra Mahrenholz, die Leiterin des Kompetenzzentrums Klimafolgen und Anpassung (KomPass) im Umweltbundesamt (UBA), und Dr. Paul Becker, stellvertretender DKK-Vorsitzender und Vizepräsident des Deutschen Wetterdiens­tes (DWD). Einen Einblick in das österreichische Klimaforschungsnetzwerk ermöglichte Chris Schubert, Leiter des Datenzentrums am Climate Change Centre Austria (CCCA), der die Aktivitäten des Vereins im südlichen Nachbarland vorstellte.

Ausblick

Zum Abschluss der höchst inter- und transdisziplinären Jahrestagung zog Prof. Dr. Hartmut Graßl, ehemals Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie, ein persönliches Resümee. In den Vorträgen, Gesprächen und Diskussionen sei deutlich geworden: „In Paris ist etwas Fundamentales zustande gekommen. Es gibt nur noch Länder, die handeln und etwas tun müssen.“ Dass die Transformationsforschung immer wichtiger werde, sei ein Fazit des Tages. Neben der Grundlagen- und der angewandten Forschung brauche es die Transformationsforschung als dritte Säule.

Sein Ausblick auf das nächste Jahr: Auf jeden Fall wieder eine DKK-Jahrestagung! Das DKK solle schon jetzt über das Thema dafür nachdenken. Bei der Verabschiedung sicherten Mojib Latif und Marie-Luise Beck zu, genau dies bald zu tun. Erste Themenvorschläge gab es bereits beim gemeinsamen Abendessen und bei der nur für DKK-Mitglieder zugänglichen Mitgliederversammlung am nächsten Tag.

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