Wie das Klima erforscht wird

Um den Klimawandel zu verstehen und Antworten auf diese global so bedeutende Herausforderung zu finden, arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf der ganzen Welt zusammen. Wie die Klimaforschung sich entwickelt hat, mit welchen aktuellen Fragen sich die Forschenden beschäftigen und wer die wichtigen Akteure sind, haben wir auf dieser Seite zusammengefasst.

Der menschgemachte Klimawandel, seine Auswirkungen und seine Folgen stellen Natur wie Gesellschaft vor große Herausforderungen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kennen bereits seit über 100 Jahren den Zusammenhang zwischen der Menge des Spurengases CO2 in der Atmosphäre und der globalen Temperatur. In den vergangenen rund 40 Jahren konnte der Mensch als Hauptverursacher des beobachteten Klimawandels identifiziert und das Risiko einer ungebremsten Erderwärmung verstanden werden. Die enorme Komplexität des Klimasystems, seine chaotischen Anteile und die örtliche wie zeitliche Entgrenzung des Klimawandels stellen weiterhin hohe Anforderungen an die Forschung. Abstrakte, mathematische Klimamodelle und Szenarien loten mögliche „Zukünfte“ aus und liefern die Basis für gesellschaftliche Entscheidungen.

Wilhelm Herschel

Herschel entdeckte im Jahr 1800 die Infrarotstrahlung, nachdem er Sonnenlicht durch ein Prisma lenkte und dahinter nicht nur in den sichtbaren Bereichen, sondern auch außerhalb des roten Endes des sichtbaren Spektrums einen Thermometer anbrachte. Die Temperatur stieg in diesem Bereich, und Herschel schloss daraus, dass dort eine unsichtbare Form von Energie wirksam sein müsse

National Portrait Gallery London via Wikimedia Commons | Gemälde erstellt von Lemuel Francis Abbott (1785, Öl auf Leinwand)

Joseph Fourier

Fourier beschreibt den Einfluss der Atmosphäre auf die Temperatur der Erde. In einem Artikel von 1824 beschrieb er zum ersten Mal die wesentlichen Mechanismen eines hypothetisch modellhaften Treibhauseffekts, dessen Vergleichskriterien zur Atmosphäre er herausarbeitete.

Portraits et Histoire des Hommes Utiles via Wikimedia Commons | Porträt erstellt von Julien Léopold Boilly (1796)

Eunice Foote

Die US-amerikanische Erfinderin und Forscherin Eunice Foote nimmt mit ihren Experimenten die Entdeckung des Treibhauseffekts vorweg. Die Veröffentlichung ihrer Arbeit 1856 wird jedoch kaum zur Kenntnis genommen.

Zeichnung von Carlyn Iverson, NOAA Climate.gov | Eunice Foote gezeichnet von Carlyn Iverson (NOAA)

John Tyndall

Der irische Naturwissenschaftler Tyndall zeigt, dass bestimmte Gase – wie etwa CO2 – Infrarotstrahlung blockieren. Er kannte Eunice Footes Arbeiten vermutlich nicht.

Manuscripts and Archives Division, The New York Public Library. (1860 – 1979).

Svante Arrhenius

Arrhenius veröffentlicht erste Berechnungen, wie sich eine Veränderung der CO2-Konzentration auf das Klima auswirken würde. Er erkennt, dass eine Erhöhung der CO2-Konzentration zu einer Erwärmung der Atmosphäre führt.

Meisenbach Riffarth & Co. Leipzig. Zeitschrift für Physikalische Chemie, Band 69, . via Wikimedia Commons | 1909 veröffentlichte Photogravure

Knut Ångström

Ångström widerspricht Arrhenius mit der Begründung, dass die CO2-Absorbationsbereiche bereits durch H2O gesättigt sind. Diese These wird später von Arrhenius und auch von Edward Hulburt in 1931 widerlegt. Er untersuchte die Strahlungswärme der Sonne und Absorption der Erdatmosphäre. 1893 erfand er sein elektrisch kompensiertes Pyrheliometer.

Guy Stewart Callendar

Callendar konnte 1938 auf der Basis von Temperaturmessungen erstmals die globale Erwärmung nachweisen, die er mit dem menschengemachten Treibhauseffekt in Verbindung brachte. Callendar argumentiert, dass eine globale Erwärmung durch den Treibhauseffekt bereits im Gange ist.

via Wikimedia Commons | Foto aus 1934

Hermann Flohn

Flohn ist der erste deutsche Wissenschaftler, der sich mit dem Treibhauseffekt beschäftigt.

Institut für Geowissenschaften, Abt. Meteorologie, Universität Bonn

Computer und Satelliten

In den fünfziger und sechziger Jahren profitieren Klimaforschende von immer leistungsfähigeren Computern und ersten Wettersatelliten.

via Wikimedia Commons | TIROS 6 Wettersatellit

Roger Revelle und Hans Suess

Revelle und Suess weisen nach, dass die Ozeane das vom Menschen produzierte CO2 nicht komplett aufnehmen werden.

MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen, J. Stone | Offener Ozean

Charles Keeling

Keeling verbessert die Methoden zur Messung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre und stellt fest, dass die Konzentration jährlich ansteigt. Er beginnt die Messungen 1958 auf dem Mauna Loa (Hawaii), die seitdem fortlaufend aktualisiert werden. Die Grafik der CO2-Daten ist als Keeling-Kurve bekannt.

Scripps Institution of Oceanography; NOAA Global Monitoring Laboratory | CO2-Konzentration in der Atmosphäre an der Messstation auf Mauna Loa, Hawaii.

Syukuro Manabe und Richard Wetherald

Manabe und Wetherald sind die Ersten, die ein globales Klimamodell entwickeln, indem sie Wärmetransport durch Konvektion in ihr Modell integrieren. Sie berechnen, dass eine Verdopplung der CO2-Konzentration eine Erwärmung der Erde um zwei Grad Celsius zur Folge hätte.

Bengt Nyman (CC 2.0, www.flickr.com/people/bnsd/) via Wikimedia Commons | Syukuro Manabe im Mai 2018

Ichtiaque Rasool und Stephen Schneider

Rasool und Schneider beschäftigen sich mit der Wirkung anthropogener Aerosole, wie etwa Rußpartikeln, auf das globale Klima.

Joi Ilto (CC 2.0, www.flickr.com/people/joi/) via Wikimedia Commons | Stephen Schneider im Mai 2009

Paläontologische Daten aus Bohrkernen

Forscherinnen und Forscher beginnen Bohrkerne aus Grönland und der Antarktis zu analysieren, um mehr über klimatische Veränderungen der Vergangenheit herauszufinden.

NOAA via Wikimeadia Commons | Wostock-Station, Antarktis

US National Academy of Sciences

Ende der siebziger Jahre sind sich Klimaforschende größtenteils einig, dass sich die Erdatmosphäre aufwärmt und nicht abkühlt. Ein von der US National Academy of Science ernanntes Expertenpanel kommt zu dem Schluss, dass eine Verdopplung der CO2-Konzentration sehr wahrscheinlich zu einem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur von 1,5 bis 4,5 Grad Celsius führen wird.

MIT Museum (CC BY-SA 4.0, science.mit.edu) | Jule Charney, Leiter des Expertenpanels

1. Weltklimakonferenz

Im Februar 1979 findet in Genf die erste Weltklimakonferenz statt. Sie wird von der Weltwetterorganisation (WMO) organisiert.

Gründung des IPCC

Im Juni 1988 spricht Klimaforscher James Hansen vor einem Ausschuss des US-Senats und warnt vor den Folgen des Klimawandels. Im November wird das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), das in Deutschland als Weltklimarat bekannt ist, als zwischenstaatliche Institution vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen gegründet.

via Wikimedia Commons | James Hansen bei seiner Stellungnahme vor dem US-Senat.

Rio-Konferenz

1992 wird auf dem Weltgipfel für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro die UN-Klimarahmenkonvention ins Leben gerufen, kurz UNFCCC. Im Übereinkommen wird das Ziel festgehalten, „die Stabilisierung der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre auf einem Niveau zu erreichen, auf dem eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems verhindert wird“.

UNFCCC via flickr | Logo der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen

Die Klimaforschung arbeitet international zusammen

Auf internationaler Ebene hat sich dafür ein breites Bündnis wissenschaftlicher und nicht- wissenschaftlicher Akteure formiert. Hierzu zählen die Vereinten Nationen (UN) und ihr Umweltprogramm (UNEP) sowie die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) und der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC). Seit seiner Gründung im Jahr 1988 fasst der IPCC etwa alle sieben Jahre in seinen Sachstandsberichten den wissenschaftlichen Kenntnisstand zum Klimawandel für politische Entscheidungsträger zusammen, ohne dabei spezielle Handlungsempfehlungen für die Politik auszusprechen. Erste Kontaktstelle in Deutschland für alle Fragen rund um die Arbeit des Weltklimarats ist die Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle. Die Erkenntnisse aus den IPCC-Sachstandsberichten fließen direkt in die Verhandlungen der jährlichen Weltklimakonferenzen (COP – Conferences of the Parties) ein.

Bereits im Jahre 1980 wurde vom International Council for Science (ICSU) und der WMO das internationale Weltklimaforschungsprogramm World Climate Research Programme (WCRP) gegründet, um international und koordiniert das naturwissenschaftliche Systemverständnis zu befördern. Das 10-jährige Forschungsprogramm „Future Earth“ folgte 2012. Ziel dieser Initiative ist es, integrative und lösungsorientierte Nachhaltigkeitsforschung zu fördern.

Auf europäischer Ebene hat vor allem das Rahmenprogramm der Europäischen Kommission für Forschung und Innovation (Horizon 2020) wichtige Impulse für weitere Forschung gesetzt. Zum 1. Januar 2021 wurde „Horizon2020“ durch das umfangreichere Folgeprogramm „Horizon Europe“ ersetzt. Dabei bilden die Wissenschaftsexzellenz, globale Herausforderungen und die industrielle Wettbewerbsfähigkeit Europas sowie „Innovatives Europa“ die drei inhaltlichen Schwerpunkte des Programms.

Diese Akteure erforschen das Klima in Deutschland

Auf nationaler Ebene erfolgt Klimaforschung in zahlreichen Strukturen und unter diversen Schwerpunkten. Die Finanzierung ist überwiegend durch die Bundesländer und das Bundesforschungsministerium (BMBF) gesichert. Die Strukturen lassen sich grob folgendermaßen einteilen:

  • Die außeruniversitären Forschungseinrichtungen: dazu zählen die Institute der Max-Planck-Gesellschaft sowie der Helmholtz- und Leibniz-Gemeinschaft. Die anwendungsorientierte und vor allem ingenieurwissenschaftliche Klima- und Energieforschung findet an zahlreichen Instituten der Fraunhofer-Gesellschaft statt.
  • An den über hundert Universitäten in Deutschland wird ebenfalls in vielen Zusammenhängen zu Klima und Umwelt geforscht. Durch die Förderung von Exzellenz-Clustern und einer besseren Zusammenarbeit zwischen den außeruniversitären Forschungseinrichtungen und den Universitäten sind inzwischen Universitäten mit Schwerpunkt Klimaforschung entstanden. Zu nennen ist die Universität Hamburg mit dem Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) und dem Center for Sustainable Society Research (CSS) oder die Universität Bremen mit dem Institut für Umweltphysik (IUP) und dem Zentrum für Marine Umweltwissenschaften (MARUM). Auch für die vier Partnereinrichtungen der Berlin University Alliance ist die Forschung zu Klimawandel und dessen Auswirkungen seit Jahren ein wichtiger Schwerpunkt, ausgewiesen durch eine besondere interdisziplinäre Breite.
  • Schließlich ist die Ressortforschung zu nennen, die an nachgeordneten wissenschaftlichen Fachbehörden von Bundes- und Landesministerien stattfindet. In Bezug auf die Klimaforschung sind hier zentral das Umweltbundsamt und der Deutsche Wetterdienst zu nennen. Aber auch anderen Behörden sind mit dem Klimawandel befasst. Etwa entwickelt und betreibt das Bundesamt für Kartographie und Geodäsie Karten zu Waldbrandgefahr und Starkregen.
  • Beiräte und Fachkommissionen für die Exekutive und Legislative bereiten das wissenschaftliche Wissen im Auftrag der Politik auf und beraten die Regierungen (u. a. SRU, WBGU, RNE).
  • Weitere Forschungseinrichtungen, die auf privatgesellschaftliche Gründungen zurückgehen, sind das Wuppertal-Institut sowie die Öko- oder Mercator-Institute.
  • Auch NGOs, Verbände und Stiftungen beteiligen sich an der Forschung, und vergeben Aufträge für Studien und Projekte.

Die Drittmittelforschung ist ein wesentlicher Treiber von Innovationen. Das Forschungsprogramm für Nachhaltigkeit (FONA) des BMBF fördert derzeit angewandte und problemorientierte Forschung in den Themenfeldern Zukunftsstadt, Energiewende und nachhaltiges Wirtschaften.

Zu nennen ist auch das Deutsche Komitee für Nachhaltigkeitsforschung in Future Earth (DKN Future Earth), eine Gründung des BMBF, des Bundesumweltministeriums (BMU) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). DKN Future Earth agiert als unabhängiges, wissenschaftliches Beratergremium gegenüber Forschungsförderern sowie als nationale Plattform für Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, die sich mit dem Thema globale Nachhaltigkeit befassen.

Die genannten Forschungseinrichtungen forschen mit unterschiedlichen Schwerpunkten und haben teilweise unterschiedliche Adressaten. Eine trennscharfe Aufteilung ist nicht möglich und auch nicht gewollt, denn sie würde der notwendigen Freiheit der Forschung zuwiderlaufen. Allerdings kann man der Klimaforschung grob diese sechs Aufgaben zuweisen:

  • Erdsystem beobachten und verstehen (Klimadaten gewinnen)
  • Gesellschaft beobachten und verstehen (Gesellschaftsdaten gewinnen)
  • Modellieren und projizieren von klimatischen Prozessen
  • Bewerten und begutachten von Klimadaten und Klimaprojektionen
  • Politik und Gesellschaft beraten
  • Aufbau von Infrastrukturen und Klimakompetenz weltweit unterstützen (Capacity Building)

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